Der aktuelle „Cybersecurity Forecast Report“ von Google Cloud Security zeichnet ein düsteres, aber realistisches Bild der IT-Sicherheitslage für das Jahr 2026. Künstliche Intelligenz wird das Kräfteverhältnis zwischen Angreifern und Verteidigern grundlegend verändern, während geopolitische Spannungen, neue regulatorische Vorgaben und professionalisierte Cyberkriminelle Unternehmen in Europa unter Druck setzen.
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Igor Podebrad, Director, Office of the CISO bei Google Cloud
Die Cybersicherheitslandschaft in Europa steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Laut dem neuen „Cybersecurity Forecast 2026“ von Google Cloud Security werden sowohl technologische als auch geopolitische Faktoren die Angriffsfläche von Unternehmen in den kommenden Jahren deutlich vergrößern. Besonders der Einsatz Künstlicher Intelligenz durch Bedrohungsakteure gilt als Gamechanger: Er soll die Geschwindigkeit, Reichweite und Effektivität von Angriffen massiv steigern.
„Wir erleben gerade eine tektonische Verschiebung in der Cybersicherheit“, sagt Igor Podebrad, Director, Office of the CISO bei Google Cloud. „Künstliche Intelligenz verändert das Kräfteverhältnis zwischen Angreifern und Verteidigern grundlegend. Der Einsatz von KI durch Bedrohungsakteure wird sich von ersten Experimenten hin zu einer weit verbreiteten Normalität entwickeln – und so Geschwindigkeit, Reichweite und Effektivität ihrer Operationen steigern. Gleichzeitig eröffnet KI enorme Chancen, IT-Sicherheit intelligenter, schneller und präziser zu machen. 2026 wird entscheidend sein: Unternehmen, die KI verstehen und verantwortungsvoll einsetzen, verschaffen sich einen echten Sicherheitsvorsprung.“
Laut Google werden Cyberkriminelle 2026 verstärkt KI nutzen, um Social-Engineering- und Desinformationskampagnen zu automatisieren. Multimodale generative KI wird Sprach-, Text- und Video-Deepfakes in bisher unerreichter Qualität ermöglichen. Angriffe wie Vishing (Voice Phishing) oder Business Email Compromise (BEC) könnten so glaubwürdiger und flächendeckender werden.
Diese Entwicklung markiert den Übergang von isolierten Experimenten zu systematischem KI-Einsatz in der Angriffsführung. Die Fähigkeit, täuschend echte Stimmen und Gesichter zu erzeugen, birgt erhebliches Potenzial für Desinformation und Identitätsbetrug – insbesondere in Organisationen mit dezentralen Strukturen oder hohem Remote-Anteil.
Google betont jedoch auch die Chancen der Technologie: KI könne Verteidigern helfen, Bedrohungen schneller zu erkennen und präzisere Analysen durchzuführen. Entscheidend sei, dass Unternehmen KI-Modelle verantwortungsvoll entwickeln, Transparenz schaffen und robuste Kontrollmechanismen implementieren.
Neben der KI sieht der Bericht die finanziell motivierte Cyberkriminalität als weiterhin disruptivste Kraft. Ransomware und Datenerpressung bleiben zentrale Bedrohungen – zunehmend unterstützt durch komplexe Lieferkettenangriffe und den Missbrauch von Zero-Day-Schwachstellen.
Besondere Aufmerksamkeit widmet Google den Aktivitäten nordkoreanischer Hackergruppen, die laut Prognose ihre Präsenz in Europa ausweiten werden. Unter dem Vorwand, als IT-Fachkräfte zu arbeiten, sollen sie in Unternehmen eingeschleust werden, um Daten zu stehlen oder Lösegeld zu erpressen. Diese Entwicklung berge nicht nur wirtschaftliche Risiken, sondern auch Spionagepotenzial.
Ein in kurzer Zeit gewachsenes Ökosystem aus Akteuren und Vermittlern, teilweise mit Sitz in Großbritannien, verstärke diese Bedrohung. Parallel dazu bleibe der Druck auf US-basierte Cybergruppen hoch – was deren Aktivitäten in Richtung Europa verlagern könnte.
Auch staatliche Akteure werden laut Google ihre Operationen intensivieren. Russland, Nordkorea, China und Iran („Big Four“) seien die aktivsten Player. Russland fokussiere sich auf strategische Ziele, China auf verdeckte Operationen, Nordkorea auf Einnahmen durch Kryptodiebstähle, und Iran auf regionale Cyberoperationen. Europa müsse mit einer Zunahme von Spionagekampagnen rechnen, insbesondere gegen Regierungen, Verteidigungsorganisationen und Forschungseinrichtungen in Schlüsselindustrien.
2026 markiert auch ein entscheidendes Jahr für Governance und Compliance. Mit dem Inkrafttreten der strengsten Bestimmungen des EU AI Act im August 2026 müssen Unternehmen ihre KI-Governance professionalisieren. Insbesondere für risikoreiche Systeme gelten strenge Anforderungen an Risikomanagement, Datenqualität, Unvoreingenommenheit und menschliche Kontrolle. Verstöße können mit Geldstrafen von bis zu sieben Prozent des weltweiten Jahresumsatzes geahndet werden.
Zugleich wird die Umsetzung der NIS2-Richtlinie in nationales Recht die Sicherheitsverantwortung in Unternehmen neu definieren. Die Richtlinie verpflichtet Führungskräfte zu einem aktiven Risikomanagement und zur Meldung von Sicherheitsvorfällen. Bei Nichteinhaltung drohen Bußgelder von bis zu zwei Prozent des weltweiten Umsatzes sowie persönliche Haftung der Geschäftsleitung.
Google sieht darin einen Katalysator für systemische Veränderungen: 2026 werde das Jahr, in dem Cybersecurity in Europa endgültig zur Führungsaufgabe werde – getrieben durch regulatorische Verpflichtungen und die Notwendigkeit, technologische wie organisatorische Resilienz nachzuweisen.
Den vollständigen Bericht „Google Cybersecurity Forecast 2026“ finden Sie hier auf der Google-Webseite. bereit.