Das Leibniz-Rechenzentrum (LRZ) in Garching testet als erstes Supercomputing-Zentrum weltweit einen photonischen Co-Prozessor für künstliche Intelligenz und Simulationen. Die von Q.ANT entwickelte Technologie verspricht signifikante Leistungssteigerungen bei gleichzeitig deutlich reduziertem Energieverbrauch.
Foto: Q.ANT
Serverschrank mit integriertem NPS von Q.ANT im LRZ
Mit der Inbetriebnahme eines photonischen Native Processing Servers (NPS) von Q.ANT betritt das Leibniz-Rechenzentrum technologisches Neuland: Erstmals wird ein lichtbasierter Prozessor in einer realen HPC-Umgebung genutzt, um die Möglichkeiten analoger photonischer Beschleunigung für KI-Workloads und wissenschaftliche Simulationen zu evaluieren. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt gefördert und könnte den Weg für eine neue Generation energieeffizienter Rechenzentren ebnen.
Der von Q.ANT entwickelte Native Processing Server ist der erste photonische Co-Prozessor, der in ein Höchstleistungsrechenzentrum integriert wurde. Am LRZ in Garching soll die Technologie ihre Praxistauglichkeit unter Beweis stellen. Prof. Dr. Dieter Kranzlmüller, Vorsitzender des Direktoriums des LRZ, betont: „Photonische Prozessoren bieten einen neuartigen und vielversprechenden Weg, um KI- und Simulations-Workloads zu beschleunigen und gleichzeitig unseren ökologischen Fußabdruck deutlich zu verringern. Mit diesem Praxiseinsatz kommen wir unserem Ziel entscheidend näher, energieeffiziente Infrastrukturen für Supercomputing und KI zu etablieren.“
Kranzlmüller hebt zudem die Kompatibilität mit der bestehenden Infrastruktur hervor: „Der NPS von Q.ANT lässt sich leicht in unsere bestehende Infrastruktur integrieren, wir können ihn sofort in praktischen Szenarien bewerten.“ Die politische Unterstützung sei dabei ein entscheidender Faktor: „Die Erforschung von Rechenarchitekturen der Zukunft zusammen mit Partnern wie Q.ANT wäre jedoch ohne die kontinuierliche politische Unterstützung, die wir seit Jahren sowohl auf nationaler als auch auf bayerischer Ebene erhalten, nicht möglich.“
Photonisches Rechnen verspricht eine drastische Reduktion des Stromverbrauchs in Rechenzentren. Laut Q.ANT liegt der Energiebedarf pro Anwendung um bis zu 90 Prozent niedriger, da bei der Verarbeitung auf dem Chip keine Wärme entsteht und somit auf aufwändige Kühlmaßnahmen verzichtet werden kann. Zugleich erlaubt die Technologie eine bis zu 100-fache Leistungssteigerung durch höhere Rechendichte und Geschwindigkeit.
Quelle: Q.ANT
v.l.n.r. Prof Dr Dieter Kranzlmüller und Dr Michael Förtsch
Dr. Michael Förtsch, Gründer und CEO von Q.ANT, erklärt: „Unsere Zusammenarbeit mit dem LRZ markiert einen entscheidenden Meilenstein: Erstmals in der Geschichte betreiben wir photonische Prozessoren in einem Höchstleistungsrechenzentrum mit realen Aufgaben. Damit zeigen wir, dass lichtbasierte Prozessoren den Weg aus der Forschung in die reale Anwendung gefunden haben.“
Förtsch sieht darin einen wichtigen Schritt zur künftigen Etablierung photonischen Rechnens in der IT-Infrastruktur: „Dies ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg, Photonic Computing bis 2030 in den Mainstream der Computerarchitektur der nächsten Generation zu integrieren.“
Die feierliche Inbetriebnahme des Systems am 22. Juli 2025 wurde von Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft und Industrie begleitet. Bundesministerin Dorothee Bär hob in ihrer Rede die strategische Bedeutung der Technologie hervor:
„Die Integration des photonischen Prozessors von Q.ANT in das Leibniz-Rechenzentrum ist ein beeindruckender Beweis für deutsche Spitzentechnologie und eine Erfolgsgeschichte der deutschen Forschungsförderung. Wir unterstützen bahnbrechende Innovationen, die unsere wissenschaftliche Führungsrolle in der Welt und technologische Souveränität stärken.“
Bär betonte die politische Weichenstellung: „Mit unserer Hightech Agenda Deutschland werden wir uns künftig noch deutlich stärker für Forschung und Innovation in unseren wichtigen Schlüsseltechnologien einsetzen. Wie hier in Garching setzen wir dabei auch auf die enge Zusammenarbeit von Forschung und Unternehmen.“
Auch Markus Blume, Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, lobte die Bedeutung des Projekts:
„Rechnen mit Licht statt Strom – was lange nach Science-Fiction klang, wird jetzt Wirklichkeit. In Garching ist erstmals weltweit ein photonischer KI-Server im Rechenzentrum im Einsatz: 90 Prozent weniger Energieverbrauch bei 100-facher Leistung. Das zeigt, welches Potenzial in unseren Forschungseinrichtungen steckt – und was möglich ist, wenn Wissenschaft, Wirtschaft und Staat gemeinsam anpacken."
Quelle: Q.ANT
Die Abbildung zeigt Michael Förtsch und Dieter Kranzlmüller im Gespräch mit Dorothee Bär und Markus Blume im Rahmen der Eröffnungsfeierlichkeiten
Ziel der Kooperation zwischen dem LRZ und Q.ANT ist die Erforschung hybrider digital-analoger Computerarchitekturen, insbesondere im HPC-Bereich. Anwendungen wie Klimamodellierung, medizinische Bildverarbeitung oder Materialforschung sollen von der Technologie profitieren. Die photonischen Prozessoren erreichen eine 16-Bit-Gleitkommagenauigkeit bei nahezu 100-prozentiger Rechenpräzision und lassen sich dank PCIe-Schnittstelle sowie x86-Kompatibilität nahtlos in bestehende Systeme integrieren. Frameworks wie TensorFlow, PyTorch und Keras werden unterstützt.
In einer ersten Evaluierungsphase wird das LRZ mehrere Einheiten der aktuellen NPS-Generation installieren und mit Benchmark-Workloads testen. Zu den untersuchten Bereichen gehören insbesondere KI-Inferenz, Computer Vision und Physiksimulationen. Spätere Projektphasen sehen den Einsatz weiterentwickelter NPS-Generationen für vertiefende Analysen vor.
Mit dem Projekt in Garching rückt die photonische Datenverarbeitung aus dem Labor in die Realität – als potenzielle Alternative zu konventionellen CMOS-basierten Architekturen, die zunehmend an physikalische und energetische Grenzen stoßen. Die Beteiligten setzen große Hoffnungen in das neue Rechenparadigma.
„Das langfristige Engagement des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt hat maßgeblich zu den Durchbrüchen beigetragen, die diesen Erfolg möglich gemacht haben“, so Dr. Förtsch. Mit der ersten Integration im LRZ sieht er nun den Übergang von der Forschung in die Anwendung gelungen.
Das Projekt könnte beispielhaft für weitere Hochleistungsrechenzentren werden – mit dem Ziel, den steigenden Anforderungen von Wissenschaft und Industrie in einer energieeffizienten und zukunftsfähigen Weise zu begegnen.