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Ein neuer Bericht des Europäischen Rechnungshofs bemängelt, dass Mittel aus dem Corona-Aufbaufonds der EU zwar wie vorgeschrieben in die Digitalisierung flossen, jedoch nicht in strategisch relevante Bereiche. Die Chance, den digitalen Wandel gezielt voranzutreiben, sei damit vertan worden.
Foto: EU, source ECA (Sophie Margue)
"Alle EU-Länder haben 20 % der ARF-Mittel oder sogar mehr für die Digitalisierung bereitgestellt, diese Mittel jedoch nicht in strategisch wichtigen Bereichen eingesetzt", so Ildikó Gáll-Pelcz, die als Mitglied des Rechnungshofs für die Prüfung zuständig ist. "Die Länder waren nicht verpflichtet, vorrangig dort zu investieren, wo der Bedarf am größten ist. Einige Länder haben die Mittel daher dort genutzt, wo sie ohnehin schon gut aufgestellt waren, anstatt die größten Schwachpunkte zu beheben. Hier wurde aus unserer Sicht eine Chance vertan, da das Potenzial der ARF, den digitalen Wandel voranzubringen, nicht ausgeschöpft wurde."
Die Digitalisierung zählt zu den zentralen Zielsetzungen der EU im Rahmen des Corona-Aufbaufonds, offiziell "Aufbau- und Resilienzfazilität" (ARF). Mit knapp 150 Milliarden Euro stammten rund zwei Drittel des gesamten EU-Digitalbudgets für 2021–2027 aus dieser Fazilität. Ein aktueller Bericht des Europäischen Rechnungshofs kommt nun jedoch zu dem Schluss, dass dieses Potenzial nicht ausreichend genutzt wurde. Trotz formaler Zielerfüllung in Bezug auf die Mindestquote wurden strategisch entscheidende Handlungsfelder nicht vorrangig adressiert.
Laut dem Bericht haben alle EU-Mitgliedstaaten mindestens 20 Prozent ihrer ARF-Mittel – wie vorgeschrieben – für Digitalisierungsmaßnahmen reserviert. Doch diese Investitionen zielten oft nicht auf dringliche Schwachstellen ab. "Alle EU-Länder haben 20 Prozent der ARF-Mittel oder sogar mehr für die Digitalisierung bereitgestellt, diese Mittel jedoch nicht in strategisch wichtigen Bereichen eingesetzt", kritisierte Ildikó Gáll-Pelcz, zuständiges Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. Da keine Verpflichtung bestand, den größten Bedarf zu adressieren, hätten manche Länder Investitionen dort getätigt, wo sie bereits gut aufgestellt waren.
Ein zentrales Problem orten die Prüfer in der unklaren Definition des Begriffs "digitaler Wandel" innerhalb der ARF-Verordnung. Diese Mehrdeutigkeit habe es den Mitgliedstaaten ermöglicht, sehr unterschiedliche Maßnahmen in ihre nationalen Aufbaupläne aufzunehmen – nicht alle mit tatsächlichem Mehrwert für die digitale Transformation. So bedeute eine Digitalmaßnahme nicht automatisch Fortschritt, wenn sie nicht zielgerichtet sei.
Auch bei der Umsetzung der Digitalisierungsziele hinken die Länder hinterher: Nur 31 Prozent der geplanten Etappenziele und Zielwerte wurden laut Angaben bis Anfang 2024 erreicht – sechs Prozentpunkte weniger als ursprünglich vorgesehen. Fast die Hälfte der überprüften Maßnahmen in fünf Mitgliedsstaaten war von Verzögerungen betroffen. Zudem fanden grenzüberschreitende Mehrländerprojekte kaum statt: Nur 60 von über 1.000 Maßnahmen (3,3 Prozent der Digitalmittel) wurden länderübergreifend geplant – ein deutliches Zeichen für mangelnde strategische Koordination.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Leistungsindikatoren, mit denen die Fortschritte im digitalen Wandel gemessen werden sollten. Diese seien laut Bericht zu allgemein, output-orientiert und nicht auf die aktuelle Digitalstrategie der EU abgestimmt. In rund 60 Prozent der geprüften Maßnahmen wurden entweder keine geeigneten oder gar keine gemeinsamen Indikatoren genutzt. Damit lasse sich der tatsächliche Beitrag der geförderten Maßnahmen kaum bewerten – ein zentrales Versäumnis in der Steuerung und Evaluierung der milliardenschweren Digitalförderung.
Der Report steht auf der Homepage des Europäischen Rechnungshof zum download bereit.