Domains sind das Rückgrat digitaler Geschäftsmodelle. Sie tragen nicht nur Shop- und E-Mail-Verkehr, sondern auch zentrale Datenflüsse und Bezahlschnittstellen. Wer diesen Kern ungeschützt lässt, riskiert Umsatzverluste, Reputationsschäden und regulatorische Konsequenzen.
Foto: united-domains GmbH
Christian Dallmayer, General Manager von united-domains
Im E-Commerce und in digitalen Services laufen nahezu alle kritischen Prozesse über die eigene Domain – von Warenkorb und Zahlungsabwicklung bis zur Kommunikation mit Kunden und Geschäftspartnern. Für Cyberkriminelle sind solche zentralen Punkte hochattraktiv. Laut aktuellen Erhebungen kauft inzwischen ein Großteil der europäischen Internetnutzer regelmäßig online. Das steigert nicht nur den Umsatz im Netz, sondern auch die Anforderungen an belastbare Sicherheitsmaßnahmen.
Trotzdem fristet die Domainpflege in vielen Unternehmen ein Nischendasein. Zuständigkeiten sind häufig unscharf, Abläufe historisch gewachsen. Kommt es zu einer Kompromittierung oder gar Übernahme, stehen Services abrupt still. Gleichzeitig geraten Markenwert, Kundenvertrauen und operative Stabilität unter Druck – mit direkten Folgen für Lieferketten, Umsatz und öffentliche Wahrnehmung.
Kriminelle nutzen heute weit mehr als simple Tippfehler. Typosquatting – also das Registrieren ähnlich geschriebener Adressen – hat sich zu einem systematischen Vorgehen entwickelt. Mit automatisierten Werkzeugen sondieren Angreifer in kurzer Zeit unzählige Namensvarianten und sichern sich Domains wie marke-shop oder mar-ke.de, oft bevor eine Marketingkampagne startet.
Parallel entstehen täuschend echte Fake-Shops, häufig unter Endungen wie .top, .shop, .store oder exotischen Länderkürzeln. Diese Nachbildungen kopieren Logos, Layout und Zahlungsprozesse bis ins Detail und fangen so Zahlungs- und Kundendaten ab. Jede neu verfügbare Top-Level-Domain vergrößert den Spielraum solcher Attacken und zwingt Unternehmen, ihr Domain-Portfolio systematisch zu härten.
Wer digitale Identität ernst nimmt, muss Domains wie kritische Infrastruktur behandeln. Registry- und Registrar-Locks verhindern unbefugte Transfers oder Änderungen am Nameserver. DNSSEC sorgt dafür, dass Antworten des Domain Name Systems kryptografisch abgesichert sind und sich nicht unbemerkt manipulieren lassen. Schon ein manipuliertes Cache-Element könnte sonst reichen, um den Datenverkehr umzuleiten.
Ebenfalls unverzichtbar: Zwei-Faktor-Authentifizierung für alle Domainzugänge. Gestohlene oder mehrfach verwendete Passwörter zählen zu den häufigsten Einfallstoren. Ergänzend empfiehlt sich ein automatisiertes Monitoring, das neu registrierte, verdächtig ähnliche Adressen meldet. Auch CAA-Einträge (Certificate Authority Authorization) schaffen mehr Sicherheit, indem sie festlegen, welche Zertifizierungsstellen überhaupt Zertifikate für die eigene Domain ausstellen dürfen – ein wirksamer Schutz vor gefälschten TLS-Zertifikaten.
Technik allein reicht nicht. Erst klare Verantwortlichkeiten schaffen nachhaltige Sicherheit. Regelmäßige Audits der Domain-Provider halten Inhaber- und Kontaktdaten aktuell und verhindern veraltete Ansprechpartner. Fristgerechte Verlängerungen – idealerweise automatisiert und mit dokumentierten Eskalationswegen – schließen aus, dass Domains unbeabsichtigt ablaufen. Der Fall der zeitweiligen Nichtverlängerung von google.com.ar hat gezeigt, wie schnell selbst große Player ins Stolpern geraten können.
Ebenso entscheidend ist ein eindeutiges Rollen- und Berechtigungskonzept: Wer darf registrieren, verlängern, Nameserver ändern? In vielen Organisationen sind diese Aufgaben über IT, Marketing und Recht verteilt. Eine zentrale Verantwortung, eingebettet ins Informationssicherheits-Managementsystem (ISMS), beschleunigt Abläufe und verhindert Lücken. Für geschäftskritische Anwendungen lohnt zudem eine Backup-Domain-Strategie, um im Notfall sofort auf Ersatzadressen umleiten zu können.
Verschärfte Vorschriften wie die EU-Richtlinie NIS-2, die Datenschutz-Grundverordnung oder Standards wie PCI-DSS fordern nachweisbare Sicherheitsmaßnahmen für digitale Infrastrukturen. Domains sind damit kein Randthema mehr, sondern Teil der gesetzlichen Sorgfaltspflicht.
Für akute Vorfälle braucht es definierte Abläufe: Mit UDRP- oder URS-Verfahren lassen sich missbräuchlich registrierte Domains sperren oder zurückholen. Wer Markenrechte, Besitznachweise und Antragswege vorbereitet, kann im Ernstfall schnell reagieren und Folgeschäden begrenzen. International agierende Unternehmen sollten diese Instrumente fest in ihre Notfallpläne integrieren.
Schon ein verpasstes Verlängerungsdatum kann den Verlust der Domain nach sich ziehen. Mehrfach haben selbst bekannte Marken erlebt, dass eine abgelaufene Registrierung kurzfristig von Dritten übernommen wurde. Für mittelständische Unternehmen ohne eigenes Security-Team kann ein solcher Vorfall existenzbedrohend sein.
Ein weiteres Risiko sind nicht mehr genutzte Alt-Domains. Bleiben sie ungesichert, können neue Inhaber E-Mails abfangen oder Passwörter zurücksetzen. Daher ist eine vollständige Domain-Inventur unerlässlich – inklusive aller Produkt- und Kampagnenadressen sowie der Absicherung von SaaS- und Social-Media-Logins. Nur so lassen sich unbemerkte Einfallstore schließen.
Domains sind weit mehr als technische Adressen. Sie bilden das digitale Herz eines Unternehmens und entscheiden über die Integrität von Shops, E-Mail-Kommunikation und Kundendaten. Wer ihre Verwaltung vernachlässigt, riskiert Umsatzeinbußen, rechtliche Probleme und dauerhaften Vertrauensverlust.
Eine zukunftsfähige Schutzstrategie verbindet technische Maßnahmen wie DNSSEC, Zwei-Faktor-Authentifizierung, CAA-Einträge und permanentes Monitoring mit klar definierten Prozessen und rechtlicher Vorsorge. Für IT-Verantwortliche, Administratoren und E-Commerce-Betreiber gilt: Die Domain ist das Fundament jedes digitalen Geschäfts. Wer sie schützt, sichert Verfügbarkeit, Vertrauen und Wachstum – und das weit über den Cybersecurity Awareness Month hinaus.