Wiener Reinraumlabor stellt wertvolle Messdaten aus Versuchssprengung wieder her.
Der untertägige Abbau von Eisenerz stellt an das schwedische Unternehmen LKAB große logistische Herausforderungen. Eine Versuchssprengung, die ein Jahr vorbereitet wurde, sollte neue Erkenntnisse und Methoden liefern. Doch die Daten auf der Festplatte des Datenloggers waren nicht verfügbar. Nach erfolglosen Rettungsversuchen kam Attingo zu Hilfe, europaweit führender Spezialist für Datenrettung seit mehr als 16 Jahren. In Wien rekonstruierten die Ingenieure in hauseigenen Reinraumlabors die verlorenen Daten. Alle wertvollen Messdaten von LKAB wurden erfolgreich wiederhergestellt.
Tonnen von Gestein bewegt die Luossavaara-Kiirunavaara Aktiebolag (LKAB) tagtäglich. Der staatliche Betrieb beliefert vorwiegend Stahlwerke in Europa, aber auch in Afrika und Asien. Rund 4200 Mitarbeiter erwirtschafteten 2012 einen Umsatz von knapp drei Milliarden. Die meisten Abbaustellen von LKAB sind einige hundert Meter unter der Erdoberfläche, so befindet sich in Kiruna das weltweit größte Untertag-Bergwerk für Eisenerz, mit dem tiefsten Punkt in 1540 Metern. Um das Eisenerz abzubauen und neue Gebiete zu erschließen, müssen lange Tunnel gesprengt und mit Beton verstärkt werden. Jeweils in eine Masse von circa 10.000 Tonnen Eisenerz werden 40-50 Meter lange Löcher fächerförmig in das erzhaltige Gestein gebohrt. Ein speziell entwickelter Sprengstoff wird in die Löcher gepumpt und der zuvor gebohrte Sprengfächer gegen die tauben Gesteinsmassen gesprengt. Damit ist die Ausbreitung räumlich begrenzt, was einen wesentlich Einfluss auf die danach folgende Zerkleinerung des gewonnenen Materials in circa zehn Zentimeter große Stücke hat.
Um die Vorgänge zu untersuchen, wurde unter der Leitung von Matthias Wimmer, Senior Research Engineer bei LKAB, eine Versuchssprengung durchgeführt, bei der eine große Anzahl von Sensoren Messwerte liefern sollten. Ein Jahr lang wurden der Versuch und das Testgebiet vorbereitet und instrumentiert, zur Aufzeichnung der Daten kam ein Datenlogger von AstroMed zum Einsatz.
Die Sprengung lief planmäßig ab, doch die aufgezeichneten Messdaten des aufwendigen Versuchs waren danach nicht verfügbar. Die Vermutung lag nahe, dass der Fehler bei der verbauten Festplatte lag. Unglücklicherweise hatte auch das sekundäre Backup System keine Daten aufgezeichnet, da es zu früh ausgelöst hatte.
In Anbetracht der hohen Kosten und der Vorbereitungszeit von einem Jahr wären die Daten nur mit großem Aufwand reproduzierbar gewesen. Die Festplatte wurde daher an ein Datenrettungsunternehmen in Norwegen gesendet, allerdings ohne Erfolg. Matthias Wimmer nahm sowohl direkt mit dem Hersteller, als auch mit dem Vermieter des Datenloggers Kontakt auf: um einen möglichen physischen Schaden auszuschließen, wurden nochmals zwei Aufzeichnungen von kurzer Dauer gestartet. Dabei wurde jedoch ein Folgeschaden verursacht, indem wichtige Daten aus dem ersten großen Versuch überschrieben wurden.
Zweiphasige Datenrettung
Nach den gescheiterten Rettungsversuchen kam schließlich der Kontakt zu Attingo zu Stande. Im Lauf der Datenrettung wurde LKAB regelmäßig durch die Datenretter über Status, Fortschritte und voraussichtliche Dauer informiert wurde. Der Prozess erfolgte in zwei Schritten. In der Diagnose-Phase wurde die defekte Festplatte ausgelesen und der Schaden evaluiert. Auf dieser Grundlage bekam LKAB ein exaktes Angebot in Form einer Pre-Study mit genauer Schadensbeschreibung. In der Phase zwei erfolgte die Datenrettung nach dem Auslesen der Rohdaten von der Festplatte durch Reverse
Engineering, also der Rekon-struktion der enthaltenen Datenstrukturen. Die Spezialisten entwickelten einen entsprechenden Parser, mit dem sie die Messdaten extrahieren und die Kurvenverläufe visualisieren konnten. LKAB überprüfte die Richtigkeit mit Hilfe einiger zu erwartender typischer Kurvenverläufe. Der gesamte Prozess wurde im Reinraumlabor in Wien durchgeführt.
„Alle Messdaten konnten erfolgreich reproduziert werden“, berichtet Wimmer. „Allen Projektbeteiligten ist hier der sprichwörtlich tonnenschwere Stein vom Herzen gefallen. Hätten wir die Versuchssprengung wiederholen müssen, hätte das hohe Zusatzkosten sowie eine zeitliche Verzögerung des gesamten Projekts bedeutet.“