Alle 14 Tage aktuelle News aus der IT-Szene >
Stell dir vor, die KI-Revolution beginnt – und keine:r kann die Tools bedienen. Warum Österreich die Chancen, die Digitale Transformation und Künstliche Intelligenz bieten, verpasst, und wie man diesem Problem am besten zu Leibe rückt, erklärt Michael Swoboda vom Bildungsanbieter ETC im Gespräch.
Foto: Weinwurm Michael Swoboda, Geschäftsführer des österreichischen Bildungsanbieters ETC: „Digitale Kompetenzen sind eine Schlüsselkompetenz für das 21. Jahrhundert. Wir müssen sie in allen Bildungsphasen und im Berufsleben gezielt fördern. Nur so kann Österreich von den Vorteilen der KI profitieren.“ Künstliche Intelligenz verspricht enorme Effizienzgewinne. Um diese zu realisieren, braucht es jedoch die richtigen digitalen Skills in der Belegschaft. Hier hapert es in Österreich gewaltig: Laut dem aktuellen Digital Skills Barometer herrscht hierzulande digitales Unvermögen und eine enorme Überschätzung der eigenen digitalen Fähigkeiten vor. Im Durchschnitt beherrschen die Österreicher:innen gerade einmal rund 40 Prozent der gefragten Fertigkeiten. Im EU-weiten Digital-Skills-Vergleich liegt Österreich auf dem elften Platz.
it&t business: Herr Swoboda, können wir uns das schlechte Abschneiden beim Digital Skills Barometer leisten?
Michael Swoboda: Ohne digitale Kompetenz verlieren Mitarbeitende den Anschluss. Sie sind überfordert von den neuen Technologien und Arbeitsweisen. Es mangelt vor allem an IT-Wissen und Problemlösungsfähigkeiten. Doch Digitalkompetenzen sind mittlerweile essenziell für den Unternehmenserfolg. Sie bestimmen die digitale Reife und damit den Umsatz, die Kundenorientierung sowie die Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Zudem steigern sie Produktivität und Qualität der Produkte und Dienstleistungen. Deshalb sind sie so wichtig.
Dabei umfasst die Digitalkompetenzen weit mehr als nur technisches Know-how. Genauso wichtig sind soziale, kreative und kritische Fähigkeiten. Nur so können sich Mitarbeitende und Unternehmen erfolgreich der digitalen Transformation stellen. Der Kompetenzmangel ist hier besonders auffällig. Gegensteuern lässt er sich nur durch gezielte Förderung digitaler Fertigkeiten – in allen Bildungsphasen und Lebensbereichen. Dazu sind lebenslanges Lernen und Weiterbildung entscheidend, um die digitale Fitness von Beschäftigten und Betrieben zu erhöhen.
it&t: Welche Maßnahmen oder Lösungsansätze schlagen Sie vor, um die digitale Kompetenz und Fähigkeiten in Österreich zu stärken?
Swoboda: Natürlich spielen Schulen eine zentrale Rolle, wenn es um die Vermittlung von Grundkompetenzen wie den sicheren Umgang mit Technologien, kritisches Denken oder Medienkompetenz geht. Digitale Kompetenzen sollten nicht nur als Werkzeug in einzelnen Schulfächern vermittelt werden. Sie müssen als Querschnittsthema in alle Gegenstände integriert werden. Denn sie sind überall relevant. Wir müssen auch die Lehrenden besser darin schulen, wie sie diese Fähigkeiten am besten vermitteln.
Der große Hebel sind Österreichs Unternehmen. Diese können durch gezielte Weiterbildung die Digital-Skills der Mitarbeitenden im Berufsleben rasant verbessern. Sie müssen deutlich mehr als bisher in die Skills ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investieren. Besonders kleine und mittlere Unternehmen brauchen passgenaue digitale Weiterbildungsangebote für ihre Leute. Diese Angebote müssen auf die unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedürfnisse der Lernenden eingehen. Sowohl Online-Kurse als auch Peer-Learning, Mentoring und andere informelle Lernformen sollten dabei berücksichtigt werden.
it&t: Gibt es Beispiele von Unternehmen oder Branchen in Österreich, die bereits erfolgreich Modelle für die Förderung digitaler Fähigkeiten entwickelt haben?
Swoboda: Vor allem große Unternehmen gehen voran, wenn es darum geht, die digitalen Kompetenzen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gezielt zu fördern. Einige haben im Rahmen ihrer Digitalisierungsoffensive digitale Akademien gestartet, wo Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gezielt weitergebildet werden – von Software-Schulungen bis hin zu Change Management. Auf diesen E-Learning-Plattformen können Mitarbeitende selbstverständlich auch von zu Hause aus lernen. Diese Unternehmen haben erkannt, dass digitale Kompetenzen nur durch kontinuierliche Weiterbildung aktuell gehalten werden können. Das sollte Schule machen, denn qualifizierte Fachkräfte sind der Schlüssel für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft.
it&t: Welche Chancen sehen Sie für Österreich, wenn es gelingt, die digitale Kompetenz der Bevölkerung und Unternehmen zu steigern und die KI-Revolution erfolgreich zu nutzen?
Swoboda: Künstliche Intelligenz bietet ein riesiges Potenzial, um in allen Branchen die Produktivität und Innovationskraft gewaltig zu steigern. Neue KI-basierte Dienste, Produkte und Plattformen können auch völlig neue Arbeitsplätze und Geschäftsmodelle schaffen. Laut einer McKinsey-Studie könnte KI bis 2030 das globale BIP um 14 Prozent erhöhen. Für Österreich bedeutet das: Die KI könnte bis zu 50 Milliarden Euro zum BIP beitragen! Um diese Chancen wirklich zu nutzen, braucht es aber gut qualifizierte und motivierte Mitarbeitende. Sie müssen die Möglichkeiten und Herausforderungen der KI verstehen und anwenden können. Digitale Kompetenzen sind daher eine Schlüsselkompetenz für das 21. Jahrhundert. Wir müssen sie in allen Bildungsphasen und im Berufsleben gezielt fördern. Nur so kann Österreich von den Vorteilen der KI profitieren.
it&t: Welche Empfehlungen haben Sie für Unternehmen, die sich auf den Weg machen, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in digitalen Fähigkeiten zu schulen und weiterzubilden?
Swoboda: Im Grunde braucht es zwei Schritte: Erstens eine Analyse der digitalen Fitness der Mitarbeitenden. Wir empfehlen den Unternehmen, den aktuellen Stand, Lücken und Potenziale ihrer Teams zu ermitteln. Durch solche Screenings lassen sich Entwicklungspfade aufzeigen. Zweitens geht es dann ans Schließen der Lücken durch passgenaue Weiterbildung – das „Skilling“. Dabei müssen die individuellen Voraussetzungen der Mitarbeitenden berücksichtigt werden. So können Teams zielgerichtet und effizient weiterqualifiziert werden. Die digitale Fitness und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens wird so Schritt für Schritt erhöht. Screening und Skilling sind die beiden Hebel, um die Digitalisierung im Betrieb erfolgreich zu meistern.