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Das Forschungsprojekt Blackfin lässt sich von der Natur inspirieren, um KI-Systeme über die Nachahmung von menschlichen Denkmustern hinausbringen.
Foto: joakant/Pixabay KI verbindet man mit der digitalen Imitation von menschlichen Intelligenz- und Denkmustern, die auf dieser Grundlage Entscheidungen trifft. Cybersicherheitsanbieter F-Secure hat nun ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen, das den den Einsatz von dezentral vernetzten KI-Systemen in den Fokus rückt. Unter dem Namen Blackfin wird sich das Projekt in Zukunft vermehrt auf kollektive Intelligenztechniken wie Schwarmintelligenz konzentrieren, um daraus adaptive und autonome KI-Modelle zu entwickeln.
Matti Aksela, Vice President of Artificial Intelligence und Leiter des Artificial Intelligence Center of Excellence bei F-Secure, sieht ein weitverbreitetes Missverständnis in der Annahme, dass fortschrittliche KI-Systeme wie digitale Abbilder menschlicher Intelligenz funktionieren sollen: „Die gegenwärtige Auffassung, dass die effektivste künstliche Intelligenz die menschliche nachahmt, schränkt unser Verständnis davon ein, was KI leisten kann. Anstatt also KI-Systeme ausschließlich nach menschlichen Vorbildern zu konzipieren, können und sollten wir nach alternativen Wegen suchen, das einzigartige Potenzial der maschinellen Intelligenz voll auszuschöpfen und der Frage nachgehen, wie KI menschliche Leistungen sinnvoll ergänzen kann.“
Um Antworten auf diese Frage zu finden, hat Aksela die Forschungsinitiative Blackfin zusammen mit einem interdisziplinären Team aus Forschern zur künstlichen Intelligenz und Cybersicherheit, Mathematikern, Datenwissenschaftlern, Experten für maschinelles Lernen und Ingenieuren gegründet.
Nach dem Vorbild von in der Natur vorkommenden Schwarmintelligenzen, wie sie zum Beispiel bei Ameisenkolonien oder Fischschwärmen zu beobachten sind, werden für das Blackfin-Projekt Flotten aus dezentralen, autonomen und adaptiven KI-Systemen betrieben. Diese laufen zwar auf einzelnen „Hosts“ und sind untereinander vernetzt, erhalten jedoch keine Handlungsanweisungen von einer einzelnen und zentralisierten KI. Stattdessen sind die Systeme selbst auch intelligent und leistungsfähig genug, um miteinander zu kommunizieren, zu arbeiten und gemeinsame, übergeordnete Ziele zu erreichen.
Basierend auf ihren lokalen Beobachtungen lernen die einzelnen KI-Systeme, ihre „Hosts“ und Netzwerke bestmöglich zu schützen. Diese Beobachtungen werden durch die weiteren Erkenntnisse aus den anderen Systemen ergänzt und ergeben ein Gesamtbild aus verschiedensten Organisationen und Bereichen. „Im Wesentlichen wird es darauf hinauslaufen, dass sich einzelne KIs jeweils an ihre eigene Umgebung anpassen und gleichzeitig in ‚Schwärmen‘ kooperieren, um gesammelte Informationen auszutauschen, anstatt dass eine übergeordnete KI Entscheidungen für alle trifft“, erklärt Aksela. „Somit profitieren die lokalen Systeme von den Insights eines zusammenarbeitenden Informationsnetzwerkes, ohne dass ständig große Datenmengen ausgetauscht werden müssen.“ Das trägt nicht nur zur Leistungssteigerung einer Unternehmens-IT durch eingesparte Ressourcen bei, sondern bewahrt Unternehmen auch vor der Weitergabe vertraulicher und potenziell sensibler Informationen an die Cloud.
Erste Ergebnisse aus dem Blackfin-Projekt finden bereits als On-Device-Intelligence-Mechanismen in F-Secures Sicherheitslösungen (Endpoint Detection-and-Response) Einsatz, indem durch den Austausch lokaler Analyseergebnisse der jeweiligen Endpoints verdächtige Aktivitäten und Anomalien in Unternehmensnetzwerken besonders frühzeitig erkannt werden können.
Die Einsatzmöglichkeiten des Blackfin-Ansatzes¬ gehen jedoch weit über Sicherheitslösungen für Unternehmen oder Privatanwender und die Cybersicherheitsbranche selbst hinaus. F-Secure Chief Research Officer Mikko Hyppönen sieht in der Forschungsrichtung einen wichtigen Impuls, der die Anwendung von KI-Lösungen sowie die gesellschaftliche Wahrnehmung von künstlicher Intelligenz grundlegend verändern kann: „Das Blackfin-Projekt eröffnet zahlreiche verschiedene Anwendungsszenarien, die auch abseits der Cybersicherheit mehr als spannend werden können. So könnten in Zukunft zum Beispiel Energienetze oder ganze Flotten von selbstfahrenden Autos von diesem neuen Denkansatz profitieren, indem sie sich untereinander intelligent vernetzen. So entsteht echte maschinelle Intelligenz“, erklärt Hyppönen. „Um KI-Systeme weiterzuentwickeln, müssen wir sie in ihrer einzigartigen Form wahrnehmen und nutzen, statt sie in etwas zu formen, das sich wie ein Mensch verhält. Wenn es unser oberstes Ziel ist, Systeme zu schaffen, die über unsere eigene Intelligenz hinausgehen, sollten wir auch über den Menschen und seine Fähigkeiten hinaus denken“, ergänzt Hyppönen. „Vor allem sollten wir KI nicht mehr als potenzielle Bedrohung für unsere Jobs und Lebensgrundlage betrachten, sondern viel mehr darüber nachdenken, wie diese einzigartige Technologie dazu eingesetzt werden kann, um unser aller Leben zu verbessern.“