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In unserer Serie „A Little More Conversation“ kommen CDOs zu Wort, die die Digitale Transformation in ganz unterschiedlichen Unternehmen und Branchen aktiv und innovativ vorantreiben. Diesmal sprach Michael Dvorak mit Martin Buresch, Vice President Digitalization der GG Group. Sein Credo: Um die Vorteile der Digital Transformation nutzen zu können, braucht es viel Kommunikation – und hier vor allem den informellen Austausch.
Foto: it&t business/Lisa Resatz
Martin Buresch, GG Group: „Gerade um den digitalen Benefit zu evaluieren, muss man einen Demand wirklich verstehen. Dazu braucht es sehr viel informelle und extrem interaktive Kommunikation.“
Die wirklich entscheidenden Effekte entstehen nur aus der Gesamtsicht – davon ist Martin Buresch überzeugt: „Für das Thema digitale Strategie und Transformation gilt das ganz besonders.“ Seit August 2021 ist er in der GG Group als Vice President Digitalization treibende Kraft für die Gestaltung und die Umsetzung eben dieser digitalen Strategie. Ganz bewusst sind dabei die Rollen des CDO und CIO in seiner Verantwortung zusammengeführt, um einen Gap zwischen den Aspekten Innovation und Integration gar nicht erst aufkommen zu lassen und beide Seiten von Beginn weg im Blick zu haben. Als Martin Buresch in dieser ganz neugeschaffenen Funktion in das Unternehmen kam, hatte man dort gerade damit begonnen, einen grundlegenden Strategieprozess aufzusetzen – und zwar rund um die Frage, wohin sich die Produkte und Märkte entwickeln werden und was das für die künftige Geschäfts-, Performance- und Innovationsstrategie bedeutet. Damit war die Grundsicht für die digitale Strategie und für künftige digitale Initiativen geliefert, auf die der neue Digitalization-Verantwortliche und sein Team aufsetzen konnten.
Um daraus jedoch tatsächlich eine Gesamtsicht, ein großes Ganzes zu machen, musste zunächst einmal heruntergebrochen werden ... auf ganz konkrete Aspekte und Bereiche. Schließlich gehört die Unternehmensgruppe mit Sitz in Wien, früher unter dem Namen Gebauer und Griller, aktuell GG Group, schon lange zu den weltweit führenden Anbietern von Energie- und Datenübertragung im Automobil- und Industriebereich. Als solcher agiert man international an zwölf Standorten auf drei Kontinenten und in Geschäftsfeldern mit zum Teil sehr unterschiedlichen Anforderungen. Bei der Produktion von hoch performanten Datenkabeln für die Industrie sind andere Kriterien gefragt als bei der Fertigung komplexer, mit einer Vielzahl von Steckern und Kabelschuhen ausgestatteter Kabelbäume, die in die Fahrzeuge der großen Automobilhersteller eingebaut werden – und das oft gleichermaßen individuell wie langfristig geplant. Diese spezifischen Anforderungen galt es, in eine digitale Gesamtstrategie einfließen zu lassen. Und das erforderte vor allem eines: Kommunikation. „Es war ein höchst intensives Abstimmen in einer ganzen Reihe von mehrtägigen Workshops“, sagt Martin Buresch. „Zunächst nach außen und dann vor allem besonders nach innen.“ Die äußeren Faktoren, die den Markt beeinflussen, zu evaluieren, die technologischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen genauso wie Compliance-Faktoren, war dabei der vergleichsweise einfachere Part. Das interne Abstimmen und Angleichen der jeweiligen funktionalen Strategien der einzelnen Standorte und des jeweiligen digitalen Anteils gestaltete sich als weitaus aufwendiger ... und interaktiver.
Aber genau darin liegt für den CDO und CIO in Personalunion der Knackpunkt und damit der Erfolgsfaktor: „Die Entwicklung einer digitalen Strategie muss in beide Richtungen gehen: Zunächst top down ausgehend von der Marktsicht und der Kundensicht und dann wieder in einer Schleife bottom up, um zu sehen, wie sich das umsetzen und zusammenführen lässt. Wenn man dabei nur in eine Richtung denkt, landet man bei Sollvorstellungen, die nicht mit den wirklichen Anforderungen aligned sind, oder bei isolierten Teilstrategien.“ Alleine mit Workshops ist das allerdings nicht getan, das Austauschen und Abstimmen muss laufend gelebt werden. Dazu hat man zum Beispiel den Demand Management Prozess und die Rolle der Demand Manager neu konturiert. Die Anforderungen, die von den Fachbereichen in Sachen digitaler Unterstützung kommen, sind zumeist naturgemäß ganz auf den eigenen Bereich fokussiert. Den im wörtlichen Sinn zentralen Benefit einer digitalen Strategie ortet man bei der GG Group jedoch vor allem in den übergreifenden Effekten, unabhängig ob im Finanzbereich, in der Produktion, der Supply Chain oder der Qualitätssicherung. Um diesen Benefit zu evaluieren, setzt man auf klare Kriterien, auf Facts & Figures. Was zunächst sehr formell und nach nüchternen Prozessen klingt, zeigt sich in der Praxis als das genaue Gegenteil: Statt standardisierter Anforderungskatalogen heißt es: Reden wir miteinander.
Für Martin Buresch ist die Kommunikation eine Kernaufgabe seiner Organisation: „Gerade um den Benefit zu evaluieren, muss man den Demand wirklich verstehen. Und zwar nicht das KI-Tool, das sich ein Bereich vielleicht wünscht, sondern das Problem, das damit gelöst werden soll, den eigentlichen Need dahinter. Wenn das gelingt, stellt sich nämlich oft heraus, dass zum Beispiel KI gar keine geeignete Lösung für das Problem ist. Aber dass wir vielleicht in einem anderen Bereich genau solch eine Lösung bereits einsetzen. Damit man diesen Need versteht, braucht es sehr viel Kommunikation – und zwar vor allem informelle und extrem interaktive Kommunikation.“
Von der klassischen Verantwortungsteilung, dass der Fachbereich die Requirements liefert und die IT- und Digitalization-Organisation die Lösungen, hat man sich in der GG Group spätestens mit dem Start der eigenen Digitalization längst verabschiedet. Auf Anforderungen zu warten, ist weder für den CDO noch für den CIO Buresch eine echte Option: „Gerade, wenn es um digitale Innovationen geht, muss man aktiv hinausgehen und kommunizieren: Wie geht es euch mit diesem Thema? Wir haben da etwas gefunden, das euch helfen könnte. Und zwar nicht als Teil eines formellen Prozesses, sondern quasi als Touch Points, an die man überall andocken kann.“
Die Serie „A Little More Conversation“ entstand im Rahmen der neuen Kooperation von it&t business mit DIGBIZ Leader. Michael Dvorak hat als langjähriger Herausgeber des CIO/CDO GUIDE den Finger am Puls der Digital Executives und berichtet ab sofort für it&t aus der Praxis der Entscheider:innen, die die Digitale Transformation mit Leben erfüllen. Im nächsten Teil der Serie spricht er mit Andreas Schumacher, Director Digitalization/CDO der VTU Grou. Der Beitrag erscheint kommenden Montag, 25. September 2023, auf ittbusiness.at. Den ersten Teil der Serie mit Manuel Stecher, CDO/Head of Digitalization des VERBUND, finden Sie hier.