„Starr organisierte Strukturen sind im Einzeldenken verhaftet“, sagt Alan Morrison im Gespräch
Alan Morrison: Die meisten Firmen können mit kleineren Mengen an Daten in einem einmaligen Projekt differenziert arbeiten und begrenzt Erfolg erzielen. Die wirklich wichtige Frage ist jedoch, wie sie tagtäglich mit großen Datenmengen arbeiten können. Wie gelingt es ihnen, ohne kontinuierlichen Fluß der richtigen Daten zur richtigen Stelle ihre Tätigkeiten zu transformieren und einen wirklichen Wettbewerbsvorteil zu erzielen? Sehr starr organisierte Strukturen sind im Einzeldenken verhaftet, während ihre erfolgreichsten Wettbewerber kreative, nicht-linear denkende Menschen sind, die verschiedene Methoden und Ansätze nutzen, um Geschäftserfolge zu erzielen.
Was sind Hauptunterscheidungsmerkmale von Firmen, die erfolgreich und weniger erfolgreich Technologieprojekte mit Geschäftszielen verbinden?
Am erfolgreichsten sind Firmen, die in ihren Technologieprojekten wissensbasierte Entscheidungsfindung iterativ nutzen und nicht der Herde nachlaufen. Wie ich bereits bemerkte: Sie sind kreative, nicht-lineare Denker. Sie nehmen sich die Zeit, das Problem in der Tiefe zu verstehen. Sie diagnostizieren Probleme richtig, bevor sie eine Lösung erarbeiten. Wenn sie in Schwierigkeiten geraten, überdenken sie ihre Lösungsansätze und korrigieren bzw. verfeinern sie. Sie sind agil in ihrem Denken genauso wie in ihren Handlungen. Sie bringen ihre Denkweise in die Organisationskultur ein.
Wie geht PwC als eine der Big Four Organisationen die digitale Transformation an?
PwC setzt immer beim menschlichen Faktor an. In vielen Fällen ist die größte Herausforderung nicht die Technologie, sondern das Anpassen der Organisation und der Prozesse in einer humanistischen, nachhaltigen Art und Weise. PwC war die erste der großen Unternehmensberatungen, die sich mit der Ethik künstlicher Intelligenz beschäftigt und den Ausdruck „verantwortliche KI“ ins Leben gerufen hat.
Mit dem zunehmenden Bewusstsein von Sicherheitserwägungen und DSGVO, die jetzt greifen, wird sich auch die Datenlandschaft verändern. Wieviel an Daten ist überhaupt sinnvoll für Organisationen?
Es gibt dazu keine einfache Antwort. Die DSGVO stellt einige hilfreiche Anforderungen. Aber der Teufel liegt immer im Detail. Nehmen Sie beispielsweise maschinelles Sehen in Autos. Sandra Wacher in Oxford hat darauf hingewiesen, dass Daten, die Autos nutzen, um Hindernisse und Staus zu umfahren, auch genutzt werden können, um bestimmte Individuen zu identifizieren – und zwar über Bilddaten, die als biometrisch eingeordnet werden können. Wie wir solche Daten verwalten, ist immer noch eine offene Frage.
In welche Richtung entwickelt sich das Geschäfts- und Technologieumfeld von Unternehmen?
Organisatorische Grenzen werden durchlässiger und es gibt immer mehr Zusammenarbeit zwischen den Organisationen. Wir haben den Aufstieg der „Gig Economy“ (auftragsabhängige, kurzfristige Beschäftigungsfelder) erlebt – Freiberufler oder Auftragnehmer sind häufiger geworden. In manchen Fällen besteht die gesamte Organisation aus Auftragnehmern. IDC beschreibt die Online-Arbeitsumgebung als den Innovationsgraphen. Unternehmen müssen überlegen, wie sie sich in neuen Rollen in diesem Graphen positionieren können.
Sie werden bei der SEMANTiCS 2018 über semantische Technologien sprechen. Warum sollten Firmen dieses Technologiefeld beachten?
Um zu Agilität in Skalierungs- und Geschäftsmodellen zu gelangen, müssen Unternehmen eine Grundlage semantischer Graphen für KI legen. Ich bin ein großer Fan von semantischen Graphen als übergeordnete Datenstruktur, die alle untergeordneten Strukturen verwalten kann, weil sie eine volle Kontextdarstellung verschiedener Datentypen und maschinenlesbarer Artikulation der vielfältigen Beziehungen ermöglicht, die in jeder Organisation bestehen. Beziehung ist, was es uns ermöglicht, zu disambiguieren und den Kontext zu beschreiben. Fragen Sie eine soziale Medienfirma: Was ist machtvoller als ein Graph, um Kundenbeziehungen und alle Segmente und Subsegmente der Märkte, die diese Kunden bedienen, zu artikulieren und zu beschreiben?