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Corey Thomas, CEO von rapid7, im Gespräch über Cybersicherheit als Business-Enabler, neue Bedrohungen durch AI und seine Erfahrungen als Berater von US-Präsident Joe Biden in Sachen IT-Sicherheit.
Foto: Rapid7
Corey Thomas CEO von Rapid7: „Bei vielen Unternehmen herrscht immer noch die Haltung ‚mich erwischt es schon nicht‘. Welch dramatischer finanzieller Verlust und Imageschaden durch eine Cyberattacke entstehen können, wirkt fiktiv“
Mit einer Niederlassung in der Nähe von München ist der US-amerikanische Security-Anbieter rapid7 im DACH-Markt aktiv. Das auf Unified Vulnerability Management Solutions spezialisierte Unternehmen will in Europa rasch expandieren und erweiterte kürzlich die Kapazitäten in seinem Rechenzentrum in Frankfurt deutlich. Corey Thomas, Chairman & CEO von rapid7, war kürzlich in München auf Kurzbesuch und stand Rede und Antwort zum Dauerbrennerthema Cybersecurity.
it&t business: Welche Argumente sprechen für eine Investition in Cybersicherheit?
Corey Thomas: In vielen Branchen werden die Anforderungen an die IT-Sicherheit von Verbänden oder der Regierung definiert, beispielsweise TISAX in der Automobilbranche oder diverse Verordnungen zum Schutz kritischer Infrastrukturen. Außerdem fordern Versicherungskonzerne beim Abschluss einer Cybersecurity-Versicherung einen Nachweis, dass geeignete Maßnahmen für den Schutz unternehmenskritischer Daten umgesetzt werden. Bei vielen Unternehmen herrscht aber immer noch die Haltung „mich erwischt es schon nicht“, man investiert lieber in andere Unternehmensbereiche die einen messbaren Vorteil erzielen. Welch dramatischer finanzieller Verlust und Imageschaden durch eine Cyberattacke entstehen können, wirkt fiktiv. Deshalb ist es unser Ziel in unserer Kommunikation, neben den IT-Experten, auch das Management anzusprechen und Aufklärung und Beratung zu leisten.
it&t business: Gibt es die perfekte IT-Sicherheit?
Corey Thomas: Leider nein, dazu ist das Thema zu dynamisch. Zero compromise ist nicht realisierbar. Aber durch geeignete Maßnahmen kann man das Risiko, Opfer einer Attacke zu werden, deutlich verringern und wenn dies doch geschehen sollte, dann ist man auf solch eine Situation vorbereitet, die Auswirkungen sind deutlich weniger schmerzhaft, man behält die Kontrolle über die eigene Infrastruktur. Mit unserem Schwachstellenmanagement identifizieren und beheben unsere Kunden, mithilfe priorisierter Empfehlungen, die Schwachstellen, die sich am drastischsten auf die Gefährdungslage auswirken. Mit unseren weltweit erhobenen Daten können sich IT-Verantwortliche über die neuesten Bedrohungen informieren und frühzeitig entgegenwirken. Bei Änderungen der Bedrohungslage werden die Logik und die Regeln unserer Lösungen automatisch aktualisiert, das entlastet die IT-Abteilung.
it&t business: Aktuell wird sehr intensiv über den Fachkräftemangel diskutiert – wie begegnen Sie dieser Entwicklung?
Corey Thomas: Im Bereich Cybersecurity sind wir weltweit auf der Suche nach Talenten. Unsere Industrie bietet dabei Quereinsteigern immer noch ausgezeichnete Chancen, denn wenn die Begeisterung für unser Anliegen besteht – den Schutz unserer Kunden vor kriminellen Cyberattacken – dann können viele Kenntnisse durch Berufspraxis und Selbststudium erworben werden. Wichtig ist es immer, egal ob die neuen Mitarbeitenden als Quereinsteiger kommen, oder aus einer dualen Ausbildung oder von einer Universität, dem Newcomer eine erfahrene Person an die Seite zu stellen. So kann man voneinander lernen. Wir arbeiten in verschiedenen Organisationen und mit Hochschulen, um das Interesse an unserem Berufsfeld zu wecken und Nachwuchs zu fördern.
it&t business: Sie bieten eine Insight-Plattform mit sechs Modulen, was sind die wesentlichen Vorteile?
Corey Thomas: Wir treiben mit unserer Insight-Plattform die IT-Sicherheit über die Module Transparenz, Analysen und Automatisierung voran. Sie umfasst automatisierte und orchestrierte Lösungen für Prävention, Erkennung und Reaktion sowie ein umfassendes Portfolio an Managed Services. Mit Rapid7 integrieren unsere Kunden das Thema Sicherheit in den Zyklus von Software-Entwicklung und IT-Betrieb und ermöglichen so eine nahtlose und effiziente Zusammenarbeit zwischen Entwicklung, Security und Operation. Das weltweite Rapid7 Netzwerk von Sicherheitsforschern und -analysten veröffentlicht zudem detaillierte Berichte zu allen Bereichen der Cybersicherheit, das sind wertvolle Informationen zur Planung und Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen im lokalen Netzwerk und in der Cloud.
it&t business: Warum setzen Sie auf ein Open Source-Modell?
Corey Thomas: IT-Sicherheit ist eine Herausforderung, die dynamisch ist, wir sind in einer ständigen Transformation, die wir trotz ausgezeichneter Mitarbeiter nicht allein bewältigen können und wollen. Durch einen breiten Zugang zu Tools und Daten können wir die Sicherheitsbranche als weltweites Team voranbringen. Wir engagieren uns für die Open-Source-Gemeinschaft mit Hunderttausenden von aktiven Mitwirkenden aus der gesamten Sicherheitsbranche. Zum Beispiel Metasploit, das weltweit meistgenutzte Framework für Penetrationstests, das seit 2009 in Zusammenarbeit zwischen der Open-Source-Community und Rapid7 entwickelt wird, hilft Sicherheitsteams bei der Überprüfung von Schwachstellen, bei der Verwaltung von Sicherheitsbewertungen und bei der Verbesserung des Sicherheitsbewusstseins.
Ein weiteres Beispiel: Rapid7 hat 2020 AttackerKB gegründet, diese Community-gesteuerte Plattform ermöglicht es Sicherheitsexperten, Informationen über Schwachstellen auszutauschen, so dass sie die Auswirkungen und die Wahrscheinlichkeit, dass sie ausgenutzt werden, besser verstehen können.
it&t business: Welche neuen Gefahren für die IT-Security gehen von AI aus?
Corey Thomas: Das Thema Artificial Intelligence wird aktuell sehr in den Medien gehypt, ich würde schon fast sagen over-hyped. Aber natürlich ist das Thema für viele Menschen nicht greifbar und das erzeugt Angst. Im Hinblick auf IT-Sicherheit werden Phishing Attacken, die man früher noch an der schlechten Rechtschreibung erkannte, natürlich viel überzeugender und perfider. Cyberkriminelle werden neue Technologien für ihre Zwecke nutzen, beispielsweise für die Automatisierung von Attacken, aber die „Cyber-Polizei“ wird ebenfalls die Möglichkeiten von AI für die Abwehr neuer Bedrohungsszenarien nutzen. Hier wird es zu einer Automatisierung von Prozessen kommen, die auch durch weniger geschulte IT-Mitarbeiter gemanagt werden können, die IT-Experten können sich wiederum komplexeren Sicherheits-Aufgaben widmen. Ein ständiger Zyklus…
it&t business: Sie beraten US-Präsident Joe Biden in Fragen der IT-Sicherheit, wie sind hier Ihre Erfahrungen?
Corey Thomas: In der Politik ist es ähnlich wie in Unternehmen, der Ruf nach strengen Regulierungen für eine optimale Sicherheit steht im Kontrast zum Arbeitsalltag in Industrie und Wirtschaft. Wir dürfen die IT-Abteilungen nicht in administrativen Prozessen ersticken und lähmen. In Deutschland tritt demnächst das IT-Sicherheitsgesetz 2.0 in Kraft. Mit unserem Innovationskonzept der intelligenten Sicherheitsorchestrierung und -automatisierung bieten wir Unternehmen und Organisationen aus dem KRITIS Umfeld hoch performante Lösungen zur Absicherung hybrider Netzwerke. Unsere erfahrenen Experten stehen den Unternehmen bei der Planung, Umsetzung und Kontrolle der Maßnahmen zur Seite, dazu gehört auch ein entsprechendes Monitoring und Reporting. So entlasten wir unsere Kunden vor administrativer Arbeit, die das Tagesgeschäft aufhält.