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Peter Lenz, Managing Director Region Alpine bei T-Systems, im Gespräch über die Corona-Pandemie als Digitalisierungstreiber und welche Maßnahmen es braucht, um Ereignisse wie die aktuellen Lieferengpässe vorzubeugen.
Foto: T-Systems Peter Lenz, T-Systems: „Es ärgert mich persönlich, dass wir als IT-Branche trotz AI offenbar nicht voraussehen konnten, was aktuell in den Lieferketten los ist“ it&t business: Inwiefern hat die Corona-Pandemie die digitale Transformation in den Unternehmen beeinflusst?
Peter Lenz: Informationstechnologie hat durch die Pandemie einen neuen Stellenwert bekommen. IT hat am Vorstands- und Geschäftsführungstisch Platz genommen, weil die Unternehmen erkannt haben, dass ohne IT – gerade in Krisenzeiten – nichts mehr geht.
it&t business: Woran machen Sie das konkret fest?
Peter Lenz: Während der Lockdowns stellte sich ganz basal die Frage, ob die Mitarbeiter überhaupt noch arbeiten können. Aktuell kämpfen viele Unternehmen mit Problemen in den Lieferketten. In welchem Kanal steckt gerade welche Lieferung und welche Auswirkungen hat das Wochen später für meine Produktion?
Allgemein gesprochen geht es darum, Prozesse durchgehend zu digitalisieren. Gibt es in meinen Prozessen noch Medienbrüche und wie kann ich diese schließen? Ziel ist es, digitale Wertschöpfungsprozesse von überall aus betreiben und steuern zu können.
it&t business: Gibt es Branchenunterschiede, was den Digitalisierungsgrad betrifft?
Peter Lenz: Gerade im Gesundheitsbereich tut sich sehr viel, da war Corona natürlich auch ein Beschleuniger. Sei es die digitale Patientenakte oder die digitale Vor- und Nachbereitung nach einem Spitalsaufenthalt – es geht oft um die Frage, wie die Organisationen mit den Patienten in Kontakt bleiben können. Welche Dokumente kann der Patient schon im Vorhinein bereitstellen, damit nicht erst beim Check-in alle möglichen Befunde mühsam zusammengesucht werden müssen? Die Healthcare-Branche steht vor einer gewaltigen, sehr positiven Veränderung zum Wohle der Patienten.
Die produzierenden Unternehmen haben bereits im Vorfeld der Pandemie große Schritte in Richtung Digitalisierung unternommen. In dieser Branche geht es nun oft darum, die Resilienz zu erhöhen. Das heißt, kann ich mich auf Ereignisse wie ein querstehendes Schiff in einem Kanal oder Krankheitsausbrüche vorbereiten?
it&t business: Kann künstliche Intelligenz hier helfen?
Peter Lenz: Wenn die Modelle richtig getuned sind und man die richtigen Eingangsparameter wählt, können solche Ereignisse sicher besser bewerkstelligt werden. Es ärgert mich persönlich, dass wir als IT-Branche trotz AI offenbar nicht voraussehen konnten, was aktuell in den Lieferketten los ist. Offenbar ist zu viel gleichzeitig passiert: Unwetter in den USA und Asien, die Containerwege sind durcheinandergekommen, die Hafenschließungen durch Corona, die Blockade im Suez-Kanal. Es braucht ja laut Analysten noch bis Mitte nächsten Jahres, bis die Nachfrage wieder entsprechend bedient werden kann. Hier wäre meiner Meinung mit den richtigen AI-Modellen noch mehr gegangen. Das haben wir als Branche versemmelt.
it&t business: Wie steht es um den Einsatz von AI in den heimischen Unternehmen?
Peter Lenz: Wir sehen viele Proof-of-Concepts für Predictive Maintenance, also die vorausschauende Planung von Reparatureinsätzen, aber wirklich große Use Cases gibt es hierzulande noch wenige. Die Nachrüstung bestehender Maschinen ist schwierig. Das Thema wird dann nachgefragt, wenn Unternehmen eine neue Produktionslinie aufbauen oder einen neuen Maschinenpark anschaffen.
it&t business: Wie gelingt der Einstieg in das Thema AI?
Peter Lenz: Am Anfang steht der Anwendungsfall bzw. im Idealfall ein Business Case, mit dem ich den Entscheidern in der Chefetage beweisen kann, welche Vorteile das Unternehmen durch AI hat. Es ist nie gut, erst mit der Technik anzufangen und dann zu sagen: „Was war die Frage?“.
it&t business: Welche Rolle spielt die Cloud?
Peter Lenz: Die Cloudifizierung schreitet voran. Wir bemerken mittlerweile einen entspannteren Umgang mit dem Thema. Österreich war sicherlich nie Frontrunner, was Cloud-Services angeht, aber auch hier hat die Pandemie ein Umdenken bewirkt. Initialzündung war oft die Office 365-Umgebung, die sich im Lockdown als praktisch erwiesen hat. Auch die pandemiebedingten Schwankungen was den Bedarf an IT-Ressourcen angeht, ließ sich mit Hilfe von Cloud-Services recht gut abfedern.
On-Premise-Lösungen haben durchaus noch sinnvolle Anwendungsfälle, aber Cloud-Services sind mittlerweile häufig das Mittel der Wahl.