Eine aktuelle Umfrage von TQS Research & Consulting im Auftrag des Bildungsanbieters ETC zeigt: Ausgerechnet jene Berufsgruppen, die am stärksten von Künstlicher Intelligenz betroffen sein dürften, unterschätzen deren Einfluss am meisten. Besonders Arbeiter*innen und Personen ohne Matura sehen kaum Veränderungsbedarf – und riskieren damit, von der Automatisierungswelle überrollt zu werden.
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Christoph Becker, CEO von ETC
Die Künstliche Intelligenz verändert die Arbeitswelt rasant. Doch nicht alle nehmen diesen Wandel gleichermaßen wahr – und genau das könnte zum Problem werden. Eine repräsentative Umfrage von TQS Research & Consulting im Auftrag von ETC unter 1.000 Österreicher:innen zeigt deutliche Wahrnehmungsunterschiede zwischen Berufsgruppen, Bildungsniveaus und Regionen. Während Angestellte und jüngere Arbeitnehmer:innen die Auswirkungen der KI zunehmend realistisch einschätzen, wiegen sich viele Arbeiter:innen in trügerischer Sicherheit.
Fast vier von zehn Arbeiterinnen in Österreich (37,4 Prozent) glauben, dass Künstliche Intelligenz in den kommenden drei Jahren keine Anpassungen in ihrem Arbeitsbereich erforderlich macht. Bei Angestellten teilt nur etwa halb so viele (16,6 Prozent) diese Einschätzung. Besonders auffällig ist der Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und Wahrnehmung: Nur 14,1 Prozent der Menschen ohne Matura sehen einen hohen KI-Einfluss auf ihre Tätigkeit, während es bei Maturanten:innen 27,4 Prozent sind.
Auch beim Weiterbildungsbedarf zeigt sich ein deutliches Gefälle. Lediglich 29,8 Prozent der Arbeiter*innen sehen Schulungsbedarf im Zusammenhang mit KI, bei Angestellten sind es 42,8 Prozent. „Wer die Veränderung nicht spürt, bereitet sich nicht vor“, warnt ETC-CEO Christoph Becker. „Hier entsteht eine digitale Klassengesellschaft.“
Quelle: ETC
Österreichweit zeigen sich erhebliche regionale Unterschiede in der Wahrnehmung von KI-Einflüssen. In Vorarlberg geben 29,5 Prozent der Befragten an, dass KI einen hohen Einfluss auf ihre Arbeit habe – in Wien sind es nur 15,1 Prozent. Oberösterreich (22,7 Prozent) und das Burgenland (21,9 Prozent) liegen im Mittelfeld. Eine mögliche Erklärung: In Vorarlberg ist die Wirtschaft stärker industriell geprägt, was den Kontakt mit automatisierten Prozessen erhöht, während in Wien dienstleistungsorientierte Tätigkeiten dominieren.
Besonders auffällig ist das „Salzburg-Paradox“: Mit 41,8 Prozent liegt Salzburg beim empfundenen Weiterbildungsbedarf an der Spitze – gleichzeitig glauben 23,6 Prozent der Befragten, dass überhaupt keine Anpassungen nötig seien. Diese Diskrepanz deutet auf unterschiedliche Wahrnehmungen selbst innerhalb eines Bundeslands hin.
Quelle: ETC
Die größten Unterschiede zeigen sich zwischen den Altersgruppen. Während 31,8 Prozent der 16- bis 29-Jährigen einen hohen KI-Einfluss angeben, sind es bei den 50- bis 65-Jährigen nur 9,4 Prozent. Auch innerhalb der jüngeren Generation sinkt das Bewusstsein mit zunehmendem Alter deutlich – von 31,8 Prozent bei den unter 30-Jährigen auf 21,9 Prozent in der Altersgruppe 30 bis 39.
Für ETC-Chef Becker ist klar: Österreich steht vor einer doppelten Herausforderung. „Wir müssen nicht nur mehr Weiterbildung anbieten, sondern vor allem jene erreichen, die sich in falscher Sicherheit wiegen – Arbeiter:innen, Menschen ohne Matura und ältere Arbeitnehmer:innen.“