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Veraltete Software kann Sicherheitsrisiken, Performanceprobleme und hohe Wartungskosten verursachen und das Business limitieren. Moderne Technologien verbessern Skalierbarkeit und Integration, aber auch Effizienz und Benutzerfreundlichkeit. Wie man den Modernisierungsbedarf evaluiert und ein Erneuerungsprojekt anlegt, erklärt Thomas Brandstätter, Head of Custom-made Business Solutions DCCS.
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Thomas Brandstätter, Head of Custom-made Business Solutions DCCS GmbH
Viele Systeme auf Basis von COBOL, Visual Basic oder IBM AS/400 bzw. System i stoßen heute zunehmend an ihre Grenzen - meist nicht aufgrund mangelnder Stabilität oder Performance, sondern wegen technologischer und geschäftlicher Limitierungen. Die fehlende Weiterentwicklungsfähigkeit, eingeschränkte Integration in moderne IT-Landschaften und ein veraltetes Nutzererlebnis erschweren es Unternehmen, auf neue Marktanforderungen zu reagieren, Innovationen umzusetzen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Einige dieser Technologien, wie Visual Basic, sind abgekündigt oder nicht mehr aktiv im Support, was die Wartbarkeit erschwert und Sicherheitsrisiken birgt. Gleichzeitig mangelt es an zeitgemäßer Usability: Die Benutzeroberflächen sind oft wenig intuitiv, schwer anpassbar und nicht für moderne Plattformen wie Web oder mobile Geräte konzipiert.
Veraltete Systeme führen zu hohen Betriebskosten, Schwierigkeiten bei der Integration neuer Technologien und beeinträchtigen Geschäftsprozesse, da neue Funktionen nicht implementiert werden können. Mangelnde Kompatibilität führt auch dazu, dass neue Hardware und Betriebssysteme oft nicht mehr von alter Software unterstützt werden. Außerdem gibt es für überholte Software häufig keine Updates mehr, was sie anfällig für Cyberangriffe macht und zu Compliance-Problemen führt. Viele Unternehmen stehen auch vor dem Problem, dass ihnen Personal fehlt, das mit den alten Technologien vertraut ist (die Babyboomer-Generation geht in den Ruhestand), oder an Dokumentation mangelt, die für die Wartung alter Technologien erforderlich ist.
Spätestens wenn die Wartungs- und Betriebskosten stark ansteigen, Ausfallzeiten zunehmen und Sicherheits- oder Compliance-Probleme auftreten, sollten die Alarmglocken läuten. Grundsätzlich gilt: Ist ein System älter als zehn Jahre, sollte eine Modernisierung mit Hilfe eines spezialisierten IT-Dienstleisters evaluiert werden.
Bei der Modernisierung kommen verschiedene Methoden zum Einsatz: Beim Refactoring wird der Code der Software optimiert, ohne die Kernfunktionen zu verändern, Abläufe und Programmiersprache bleiben gleich. Beim Lift-and-Shift-Ansatz wird die Anwendung in eine neue Umgebung (z.B. Cloud) migriert, ohne dass wesentliche Änderungen am Code vorgenommen werden. Replatforming bezeichnet die Anpassung an eine neue Plattform wie die Cloud. Eine Neuentwicklung der Software ist hingegen sinnvoll, wenn die Architektur grundlegend veraltet ist oder neue Anforderungen bestehen, die mit der vorhandenen Lösung nicht abgedeckt werden können. Hier kommen Methoden wie Rewriting oder Rebuilding zum Einsatz, die eine komplette Ablöse durch eine neue Lösung darstellen – mit einer Umstellung als Big-Bang (zum Stichtag), im Parallelbetrieb oder auch schrittweise nach der Strangler-Methode. Bleibt noch das Replacing, bei dem eine Individuallösung durch Standardsoftware ersetzt wird, ergänzt durch individuelle Anpassungen (hybrider Ansatz), um z.B. spezifische Prozesse, die oftmals mit dem USP eines Unternehmens verknüpft sind, zu erhalten. So können die Stärken einer Standardsoftware optimal genutzt und fehlende Funktionen gezielt ergänzt werden – nach dem Motto „Keep the core clean“. Ob eine Modernisierung oder eine Neuentwicklung vorteilhafter ist, muss je nachAnforderung und Ausgangssituation entschieden werden. Eine detaillierte Analyse inklusive Kosten-Nutzen-Betrachtung hilft dabei.
Moderne Lösungen und Anwendungen werden zunehmend in der Cloud gehostet oder sind Cloud-ready. Der Betrieb in der Cloud ermöglicht vor allem eine höhere Skalierbarkeit und Flexibilität als On-Premise-Systeme, aber auch eine höhere Performance, da Ressourcen besser ausgelastet und Rechenleistung sowie Speicherplatz nach Bedarf hinzugeschaltetwerden können. Dies kann auch dynamisch geschehen. Der Betrieb in der Cloud hat weitere Vorteile: Zum einen reduziert er den Wartungsaufwand des gehosteten Systems durch Managed Services. Sie unterstützt aber auch Microservices-Architekturen und DevOps-Praktiken. Darüber hinaus verbessert die Cloud die Sicherheit und Verfügbarkeit der Daten, da Cloud-Rechenzentren moderne Infrastrukturen und Sicherheitsdienste nutzen. Aktuelle Technologien wie KI und IoT benötigen hohe Rechenleistung und werden daher überwiegend in der Cloud betrieben.
Jedes Modernisierungsprojekt sollte mit einer Analyse der vorhandenen Software und der Identifizierung kritischer Abhängigkeiten beginnen. Ein Software-Assessment umfasst Zielsetzung, Planung und Vorbereitung, Analyse des Ist-Zustandes sowie Bericht und Handlungsempfehlungen. Die kritische Analyse durch einen spezialisierten IT-Dienstleister hilft, ein umfassendes und detailliertes Bild der Bestandssoftware zu erhalten. Mit den Ergebnissen dieses „Health Checks“ kann dann die passende Modernisierungsstrategie gewählt werden. Dabei ist für den Erfolg essenziell, den Fokus auf die Geschäftsziele zu legen und die Mitarbeiter:innen mit auf die Modernisierungsreise zu nehmen, um Widerstände gegen die neue Software zu vermeiden. Wichtig bei der Umsetzung sind ausreichend dimensionierte Testphasen und eine schrittweise Einführung des neuen Systems, um das Risiko von Fehlern oder Ausfällen zu minimieren. Hilfreich ist dabei die Automatisierung von Tests und Rollouts.
Abhängig vom Umfang der Modernisierung, der Komplexität des bestehenden Systems, der gewählten Modernisierungsmethode und dem Schulungsbedarf des Personals sind ausreichend Zeit und Budget einzuplanen. Da eine genaue Kostenschätzung oft schwierig ist, hat sich der Ansatz eines vorab definierten und verfügbaren Budgets bewährt. Um den laufenden Betrieb während der Modernisierung aufrecht zu halten, ist eine schrittweise Migration bzw. die modulweise Strangler-Pattern-Methodik anstelle eines „Big Bang“ zu empfehlen. Auch ein Parallelbetrieb der alten und neuen Systeme während der Übergangsphase ist ein guter Ansatz. Der Erfolg einer Softwaremodernisierung hängt nicht zuletzt auch von der intensiven Unterstützung der Anwender:innen während der Umstellungsphase ab, um Akzeptanzprobleme zu vermeiden. Software-Marketing, Schulungen der Mitarbeiter (Videotraining) und ein schlüssiges Konzept, das die Anwender und Stakeholder mit ins Boot holt, sind dabei entscheidend. In jedem Fall empfiehlt es sich, Modernisierungsprojekte rechtzeitig zu starten und einen erfahrenen Partner an Bord zu holen. Die richtige Modernisierungsstrategie und eine professionelle, schrittweise Vorgehensweise mit einem „Business Value first“-Ansatz führen zum Erfolg. Wer nicht modernisiert, riskiert hohe Kosten, Sicherheitslücken und verpasste Marktchancen.