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Der aktuelle EY AI Readiness Check bringt Licht in den Status quo von Künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft. Viele Betriebe verharren in der Planungsphase, komplexe KI-Anwendungen bleiben die Ausnahme. Eine fehlende Strategie und Unwissen über gesetzliche Vorgaben wie den AI Act könnten zur Wachstumsbremse werden. Dabei ist das Vertrauen in KI zwar verhalten, die Erwartungen an Qualität und Effizienz dafür umso höher.
Foto: EY/Christina Häusler
Susanne Zach, Partnerin und Leiterin AI & Data bei EY Österreich.
Österreichische Unternehmen stehen am Anfang einer technologischen Transformation, deren Ausgang richtungsweisend für die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts sein wird. Künstliche Intelligenz (KI) gilt als einer der bedeutendsten Innovationstreiber der kommenden Jahre – doch während einige Betriebe bereits konkrete Anwendungsfälle umgesetzt haben, fehlt vielen noch eine klare Richtung. Der EY AI Readiness Check 2025 gibt einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der KI-Nutzung in heimischen Unternehmen. Die Zahlen offenbaren nicht nur Zurückhaltung, sondern auch großen Nachholbedarf – insbesondere in strategischer und regulatorischer Hinsicht.
Nur ein Drittel der österreichischen Betriebe mit mehr als 100 Mitarbeitenden nutzt derzeit Künstliche Intelligenz – und das oft in eher simplen Anwendungsfällen. Am häufigsten kommt KI im Kundenservice zum Einsatz, vor allem in Form von Chatbots. Auch im Vertrieb und der IT-Abteilung finden sich Ansätze, etwa beim Datenmanagement oder zur Verbesserung der Cybersicherheit. Doch komplexe Anwendungen, etwa in Produktion, Logistik oder HR, sind noch selten. Predictive Maintenance und automatisierte Bewerbungsprozesse bleiben bislang die Ausnahme.
Vor allem mittlere Unternehmen scheinen mutiger zu sein, wenn es um komplexere Projekte geht – ein Hinweis darauf, dass kleinere Strukturen flexiblere Innovationsprozesse ermöglichen. Dennoch: Der Großteil der Unternehmen steckt noch in einer frühen Phase der KI-Adaption.
Ein zentraler Befund des Readiness Checks ist der Mangel an klaren Zielsetzungen: In zwei Drittel der Unternehmen existieren weder strategische Leitlinien noch definierte KPIs für KI-Initiativen. Zwar haben viele Unternehmen erste Pilotprojekte gestartet, diese sind jedoch oft losgelöst von einer übergeordneten Vision. Ohne eine strukturierte Herangehensweise bleibt das Potenzial von KI unausgeschöpft – insbesondere, wenn der erwartete Return on Investment (ROI) im Nebel bleibt.
usanne Zach, Partnerin und Leiterin AI & Data bei EY Österreich mahnt: „Viele Unternehmen wissen gar nicht genau, was sie mit KI eigentlich erreichen wollen. Das macht eine Erfolgskontrolle fast unmöglich.“ Auch über die Kosten herrscht Unsicherheit – knapp die Hälfte der Befragten tut sich schwer, die Investitionen richtig einzuschätzen.
Eine erfolgreiche Integration von KI hängt nicht nur von Technologien, sondern maßgeblich von der Unternehmenskultur ab. Zwar erwarten 81 Prozent der Unternehmen eine Qualitätssteigerung durch KI, und 78 Prozent erhoffen sich Effizienzgewinne – gleichzeitig bleibt der Umgang mit den Mitarbeitenden ambivalent.
Nur ein geringer Teil der Befragten ist der Meinung, dass durch KI-Druck auf die Belegschaft entsteht. Dennoch zeigt sich: Über die Hälfte der Führungskräfte attestieren ihren Mitarbeitenden eine eher abwartende bis skeptische Haltung gegenüber der Technologie. Die Förderung von Akzeptanz, Weiterbildung und Offenheit ist essenziell, um die Potenziale von KI langfristig zu heben. Schulungen, Pilotprojekte und eine offene Fehlerkultur könnten hier entscheidende Hebel sein.
Ein weiteres zentrales Ergebnis betrifft das Vertrauen in Künstliche Intelligenz. Nur ein Drittel der Führungskräfte verlässt sich bei komplexeren Aufgaben wie Prognosen auf KI. Bei der Informationsbeschaffung sieht es etwas besser aus, aber auch hier bleiben viele zurückhaltend. Dabei zeigt sich: Ohne Vertrauen bleibt KI eine Blackbox – und das erschwert nicht nur die Umsetzung, sondern auch die Akzeptanz bei Mitarbeitenden und Stakeholdern.
Ein genaues Verständnis über Funktionsweise, Einsatzgrenzen und ethische Implikationen ist daher Grundvoraussetzung. Unternehmen müssen hier stärker aufklären, Transparenz schaffen und nachvollziehbare Entscheidungsprozesse etablieren.
Der Blick auf die regulatorische Seite: Zwar haben drei Viertel der Unternehmen vom EU-weiten AI Act gehört, aber nur eine Minderheit hat sich bisher tiefergehend mit dessen Inhalten beschäftigt. Noch geringer ist die Zahl derer, die sich bereits mit den Compliance-Vorgaben auseinandersetzen – dabei treten bereits im Sommer 2025 zahlreiche Vorschriften in Kraft.
EY warnt eindringlich: Wer sich jetzt nicht vorbereitet, riskiert rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen. Der AI Act verlangt unter anderem klare Dokumentations- und Transparenzpflichten sowie Risikobewertungen für eingesetzte KI-Systeme – insbesondere für sogenannte General-Purpose-AI. Gerade im sensiblen Bereich von automatisierten Entscheidungen und Datenverarbeitung ist hier ein strategisches und rechtlich fundiertes Vorgehen gefragt.
Zwischen Skepsis und Aufbruch
Der EY AI Readiness Check macht deutlich: Künstliche Intelligenz ist in Österreichs Unternehmen angekommen – aber noch lange nicht etabliert. Die Diskrepanz zwischen Erwartungen und Umsetzung ist groß. Während viele das Potenzial erkennen, fehlt es häufig an klarer Strategie, regulatorischer Klarheit und einer Kultur der Offenheit.
Aus den Ergebnissen leitet Susanne Zach dringenden Handlungsbedarf ab. „Seit Februar diesen Jahres gelten ja bereits spezifische Anforderungen für KI-Schulungen und ein Verbot von Systemen mit inakzeptablen Risiko. Schon im Sommer sind darüber hinaus etliche Punkte aus dem AI Act anzuwenden, etwa Transparenz-, Risiko- und Dokumentationsanforderungen für General-Purpose-AI-Modelle. Dass der Anteil der Unternehmen, die sich damit zumindest schon beschäftigt haben, auch aktuell noch so gering ist, könnte in der zweiten Jahreshälfte zu Problemen führen. Wer sich damit noch nicht auseinandergesetzt hat, dem raten wir dringend, spätestens jetzt damit anzufangen“, schließt Zach.
Dies Studie wurde uns von EY als PDF zur Verfügung gestellt, und steht hier zum Download bereit.