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Gastbeitrag: Statt punktueller Verbesserungen mittels RPA sollten Unternehmen auf die durchgängige Automatisierung aller Prozesse unter Einbindung sämtlicher Systeme und Mitarbeiter setzen, rät Niklas Bläsing.
Foto: CGI Der Autor Niklas Bläsing ist Senior Consultant, Practice Head Intelligent Automation CEE bei CGI in Deutschland. In der letzten Zeit erlebt Robotergesteuerte Prozessautomatisierung (RPA) einen wahren Hype. RPA-Anwendungen sind einfach zu implementieren, mit einem geringen Risiko verbunden und bieten einen schnellen Return on Investment. Allerdings können mit einem einzigen RPA-Tool schwierige oder komplexe Aufgaben nicht gelöst werden. RPA kann somit nur ein Einstieg in die Intelligent Automation sein. Sie beinhaltet eine grundlegende Optimierung und Neugestaltung von Geschäftsprozessen – auch unter Einsatz von KI. Intelligent Automation geht weit über den RPA-Ansatz hinaus und umfasst Prozesse, Technologien und das Unternehmen als Ganzes – unter Einbezug des Faktors Mensch. Mit Intelligent Automation können damit auch komplexe Entscheidungen, Prozesse und Interaktionen automatisiert werden.
Mit der Robotic Process Automation können primär manuelle oder digitalisierte, standardisierte Prozesse automatisiert werden. Dabei übernimmt und automatisiert ein Bot wiederkehrende, regelbasierte, manuelle Tätigkeiten. RPA zielt damit vor allem auf punktuelle Prozessverbesserungen ab. Mögliche Anwendungsfälle sind das Abrufen von Informationen aus unterschiedlichen Datenbanken oder die Datenweiterleitung an verschiedene Systeme und Abteilungen. Ein Unternehmen kann einen kleinen Bot beispielsweise in der Kunden- und Partnerbetreuung produktiv einsetzen: von der Aktualisierung von Kunden- und Lieferantendaten und der Bearbeitung von Bestellungen über den automatisierten Versand von Unterlagen an Kunden und Geschäftspartner bis hin zur Erstellung von Rechnungen, Statistiken oder Auswertungen.
Generell kann RPA damit als Ausgangspunkt einer weitergehenden, langfristigen Strategie betrachtet werden – einer Strategie, die die gesamten Geschäftsprozesse eines Unternehmens umfasst. Eine solche umfangreiche Strategie sollte ein Unternehmen immer stufenweise umsetzen, um eine erfolgreiche Adaption bei den eigenen Mitarbeitern, Geschäftspartnern und Kunden sicherzustellen. So kann der nächste Schritt nach der Automatisierung eines Teilbereiches durch RPA die Betrachtung eines gesamten Prozesses mit den verbundenen Systemen sein – auch unter Berücksichtigung der verschiedenen Einflussfaktoren. Mögliche technische Hilfsmittel sind dabei die sogenannten Workflow-Managementsysteme, die als Schnittstelle zwischen Datenhaltung und Interaktion des Menschen den Prozess abbilden können. Unternehmen erhalten damit eine genauere Übersicht, an welcher Stelle und zu welchem Zeitpunkt etwas passiert. Dies ist die Grundlage für die Ermittlung etwaiger Automatisierungspotenziale.
Prinzipiell basiert die Intelligent Automation auf der Kombination fortschrittlicher Technologien wie RPA, Advanced und Predictive Analytics, KI, Maschinellem Lernen oder Deep Learning. Mit KI, Maschinellem Lernen und Algorithmen ist es zum Beispiel möglich, Zusammenhänge in Daten zu identifizieren und aus ihnen zu lernen. Dabei wird der Algorithmus zunächst durch Trainingsdaten angelernt, um dann ein Modell für die Nutzung solcher Daten zu generieren. Die algorithmische Automation erarbeitet mathematisch optimierte Entscheidungen und führt sie dann auch direkt aus. Mit diesem Verfahren treibt ein Unternehmen die Prozessautomatisierung konsequent und sukzessive voran.
Das größte Hemmnis bei der Einführung von Intelligent Automation stellt das Silodenken einzelner Abteilungen dar. RPA-Projekte werden vielfach von einzelnen Fachabteilungen initiiert und umgesetzt. Im Hinblick auf eine durchgängige smarte Automatisierung muss aber immer die gesamte Systemlandschaft erfasst werden. Infolgedessen sollte das Thema Intelligent Automation im Top-Down-Ansatz verfolgt werden.
Darüber hinaus bestehen im Hinblick auf die Nutzung von Automatisierungslösungen teilweise noch Vorbehalte. Sie sind aber weitgehend unbegründet und leicht zu entkräften. Oft wird beispielsweise angeführt, dass Automatisierungslösungen wie RPA-Anwendungen zur Freisetzung von Mitarbeitern führen. In aller Regel ist diese Einschätzung unzutreffend. Das Ziel solcher Lösungen ist vielmehr, die Mitarbeiter zu entlasten und ihnen Freiräume für anspruchsvollere und kreative Aufgaben zu verschaffen. Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang, dass eine intelligente Automatisierung auch den Bedarf an Fachkräften mit adäquaten Qualifikationen erhöht – seien es KI-Experten, Low Code Developer oder Intelligent-Automation-Analysten.
Auch Sicherheitsbedenken werden beim Einsatz von Automatisierungslösungen gelegentlich geäußert. Wie in der IT generell gilt aber, dass etwaige Sicherheitsrisiken durch das Ergreifen elementarer Schutzmaßnahmen reduziert werden können. Zu solchen Vorkehrungen gehören beispielsweise die Einschränkung der Benutzerrechte und ein kontinuierliches Monitoring. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass ein Bot Aufgaben zuverlässiger, fehlerfreier und damit auch sicherer als ein Mitarbeiter erledigen kann.
Nicht zuletzt scheuen etliche Unternehmen auch den Implementierungs- und Verwaltungsaufwand, der mit Automatisierungslösungen verbunden ist. Hier gibt es aber auch – gerade für Unternehmen mit begrenzten Ressourcen – Intelligent-Automation- oder RPA-as-a-Service-Angebote, bei denen ein Provider sämtliche Aufgaben übernimmt. Sie reichen von der Lösungskonzeption über den Betrieb und die kontinuierliche Anpassung bis hin zur permanenten Überwachung.
Eine Intelligent Automation bietet vielfältige Vorteile. Sie führt vor allem zu einer kontinuierlichen Prozessverbesserung und zur Beseitigung von Prozessfragmentierungen und Medienbrüchen. Kunden profitieren dadurch von einem besseren Kundenerlebnis. Zudem werden die eigenen Mitarbeiter entlastet, da sie deutlich weniger manuelle Tätigkeiten durchführen müssen. Nicht zuletzt kann eine ganzheitliche Prozessautomatisierung und -optimierung auch zur Kostensenkung beitragen.
Viele Kundenprojekte belegen den Nutzen von Intelligent Automation. Beispielsweise hat CGI bei einem Energieversorgungsunternehmen eine Business-Case-Bewertung mit dem Ergebnis durchgeführt, dass die Automatisierung von drei zentralen Geschäftsprozessen zu einer jährlichen Kostenminderung in Höhe von rund 300.000 Euro führt. Inzwischen hat das Unternehmen die Betriebskosten durch eine umfassende Prozessautomatisierung um etwa 3 Millionen Euro pro Jahr gesenkt.
Unternehmen nutzen heute in immer stärkerem Maße Robotic Process Automation, um Prozesse punktuell zu optimieren. Es kann aber nur ein erster Schritt in Richtung intelligente Automatisierung sein. Intelligent Automation erweitert den RPA-Ansatz erheblich, gestaltet Geschäftsprozesse völlig neu und erstreckt sich über das ganze Unternehmen. Eine intelligente Automatisierung ist damit auch die Basis für eine agilere Unternehmenssteuerung, da die Daten und Erkenntnisse nahezu in Echtzeit zur Verfügung stehen und somit für schnellere und präzise Entscheidungen genutzt werden können.