Big Data & Data Analytics versprechen neue Erkenntnisse in Sachen Kundenzufriedenheit und -bindung. Doch die wenigsten Unternehmen wissen, wie sie ein solches Projekt in Angriff nehmen sollen – nicht zuletzt weil Best Practices rar sind. Gastbeitrag von Gernot Molin, pmOne.
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Der Autor Gernot Molin ist Leiter Data Warehouse & Big Data Solutions bei pmOne.
Aussagefähige Korrelationen, effektive Prognosen und verschiedenste Simulationen – waren solche Szenarien früher nur oberflächlich und auf einer aggregierten Ebene durchführbar, eröffnen sie den Unternehmen heute ganz neue Möglichkeiten, was die Einschätzung des Kundenverhaltens anbelangt. Mit diesen neuen Analyse- und Prognose-Fähigkeiten können sie viel flexibler auf Marktveränderungen reagieren und frühzeitig Maßnahmen zur Kundenbindung einleiten – was ihnen gewaltige Wettbewerbsorteile verschafft.
Diejenigen Unternehmen, die hier innovativ unterwegs sind, sind sich dessen allerdings durchaus bewusst. Sie haben kein Interesse daran, dass ihre Aktivitäten nach außen dringen und die entwickelten Analyse-Algorithmen möglicherweise kopiert werden. Deshalb ist es im Kontext Data Analytics auch so schwer, von Best Practices zu lernen. Auch die Zusammenarbeit mit Dienstleistern unterliegt strikten Bestimmungen. Doch lassen sich aus der Projekterfahrung heraus einige allgemeingültigen Handlungsempfehlungen für den Einstieg in die analytische Kundensegmentierung ableiten.
Detektivarbeit gefragt.
Wenn Ihr Unternehmen plant, Advanced Data Analytics einzuführen, sollten Sie immer zuerst bei den Perso-nen beginnen und nicht bei den Technologien. Gute Kandidaten sind zum Beispiel Excel-Cracks im Marketing oder Vertrieb, die bereits Analyse-Spreadsheets aufgebaut haben. Sie haben oft Fragestellungen im Hinter-kopf, die bislang technisch nicht abbildbar waren. Indem Sie solche Personen und Ansatzpunkte zusammen-tragen, verschaffen Sie sich schon mal eine gute Ausgangsposition.
Weiterhin empfehlenswert ist es, ein Data Analytics-Labor aufzusetzen und dieses mit den zuvor beschriebenen Personen und zusätzlichen Statistik-Skills auszustatten. Dort wird verprobt, ob ein bestimmter Anwendungsfall zutrifft und weiterverfolgt werden sollte. Lässt man dem Labor-Team ein wenig Zeit zum Experimentieren, passiert der Rest fast von allein. Oft kommen Use Cases auf, an die anfangs noch keiner gedacht hätte.
In diesem Stadium können Sie Technologie-Investitionen getrost vernachlässigen. Neben Open Source-Software sind Lösungen von Microsoft und SAP eine gute Alternative. Von In-Memory-Technologie bis hin zu komplexeren statistischen Algorithmen ist bei den bekannten Anbietern alles vorhanden, was in so einem Labor benötigt wird. Die Software-Komponenten stehen entweder fast kostenfrei zur Verfügung oder sind über Cloud-Services kostengünstig beziehbar.
Ein Goldkörnchen wiegt alles auf.
Das bis dahin notwendige Investment von ein bis zwei Mitarbeitern ist für ein größeres Unternehmen über-schaubar. In den Fällen, die wir begleitet haben, konnten wir innerhalb von sechs bis zehn Wochen einen Use Case bestätigen oder entkräften. Ist der Nachweis erbracht, lässt sich binnen weniger Wochen prüfen, ob es auch einen Business Case gibt und für diesen eine ROI-Rechnung aufstellen. Für eine erste Validierung brauchen Sie also nicht mehr als drei Monate.
Externe Unterstützung kann gerade in der Anfangsphase sinnvoll sein. Gefragt ist jemand, der die am Markt verfügbaren Technologien versteht und sie auf die speziellen Bedürfnisse des Kunden herunterbrechen kann. Wir von pmOne haben bei dem einen oder anderen Projekt Anschubhilfe geleistet, wollen aber mittelfristig erreichen, dass der Kunde das Labor selbst weiterbetreibt.
Erst wenn sich ein Szenario im Labor erfolgreich angelassen hat, beginnt die klassische IT-Projektarbeit (die wir im Unterschied zum Labor als „Fabrik“ bezeichnen). Dabei hört die Laborarbeit nicht auf. Sie ist vielmehr ein permanenter Prozess, bei dem immer neue Use Cases überprüft werden. Es ist vergleichbar mit Goldwaschen am Fluss: In diesem Labor werden unzählige Kilogramm an Sand durchgesiebt. Aber wenn Sie ein Goldkörnchen finden – und das werden Sie, wahrscheinlich sogar mehrere davon – dann hat sich das Bewegen der Tonnen von Sand ausgezahlt.