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Die Special Interest Group „Accessibility in ICT” des Verband Österreichischer Software Innovationen (VÖSI) lud zum Talk über inklusive Technologie und den European Accessiblity Act.
Foto: unsplash/charlesdeluvio Nicht nur barrierefreies Bauen, auch barrierefreie digitale Angebote sollten in Zukunft selbstverständlich sein. Digitale Technologien sind ein unverzichtbarer und zentraler Bestandteil unseres Lebens. Wir nutzen sie privat und beruflich – für Behördenwege, für Job und Freizeit und, um uns mit anderen auszutauschen oder zusammenzuarbeiten. Aufgrund zahlreicher Barrieren ist es für manche Personen mit kognitiven, motorischen, auditiven oder visuellen Beeinträchtigungen nicht oder nur eingeschränkt möglich, digitale Angebote und Inhalte zu nutzen.
Aktuell werden rund 15 Prozent der Bevölkerung von digitalen Angeboten ausgeschlossen, erklärte Klaus Höckner, Leiter der SIG „Accessibility in ICT“ und Geschäftsführer der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen, im Rahmen des jüngsten VÖSI Branchentalks Ende November in Wien. „Genau das sollte in Zukunft nicht mehr so sein – wir setzen uns dafür ein, dass alle Menschen Zugang zu digitalen Angeboten haben. Wir wollen jetzt Awareness schaffen, jedes Unternehmen ist angesichts des European Accessibility Acts gut beraten, sich jetzt mit dem Thema Barrierefreiheit auseinanderzusetzen“, so Höckner weiter.
Der EAA ist eine EU-Richtlinie, die im Jahr 2019 verabschiedet wurde, um verschiedene nationale Vorschriften der digitalen Barrierefreiheit EU-weit zu vereinheitlichen. Die Bandbreite der Richtlinie ist beträchtlich: Sie umfasst neben Websites, Apps und Software auch digitale Endgeräte und zahlreiche Anwendungen wie öffentliche Selbstbedienungsterminals, audiovisuelle Medien, eBooks, Kommunikations-, Bank- und Verkehrsdienstleistungen.
Die EU-Richtlinie hätte bis zum 28. Juni 2022 in den EU-Ländern in nationales Recht überführt werden sollen. In Österreich wurde der Entwurf zum neuen Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) nun an das Gesundheits- und Sozialministerium zur Überarbeitung übermittelt. Das Gesetz muss spätestens ab dem 28. Juni 2025 in Österreich angewendet werden. „Der European Accessibility Act ist eine längst überfällige Umstellung in Europa, die USA haben schon seit 30 Jahren ein einheitliches Gesetz für digitale Barrierefreiheit“, betonte Klaus Höckner.
„Beim Betrieb von Web- und App-Angeboten ist es wichtig, diese für alle Menschen gleichermaßen zugänglich zu machen. Neben gesetzlichen Vorschriften profitieren Unternehmen wesentlich davon, ihr Web- und App-Angebot barrierefrei zu gestalten. Dabei sollten sie das Thema Accessibility bereits bei der Konzeption und Design miteinbeziehen, das erleichtert auch die technische Umsetzung“, erklärten Albors Askari, technischer Leiter der Web- & App-Agentur von MP2 IT-Solutions, und Josef Weisböck, App Developer ebendort. Sie zeigten anhand von Beispielen, wie digitale Barrierefreiheit in der Praxis funktioniert.
Unternehmen profitieren wesentlich davon, ihr Webangebot barrierefrei zu gestalten, betonten die Experten. Barrierefreie Websites schließen alle Personen ein und haben eine bessere Usability. Sie sind leichter bedien- und nutzbar. „Und das fördert auch die Kundenzufriedenheit“, so Albors und Weisböck. Zusätzlich können Unternehmen ihre Zielgruppen erweitern und die Reichweite erhöhen. Auch für die Suchmaschinenoptimierung (SEO) ist Web Accessibility ein zentraler Faktor, denn barrierefreie Inhalte ranken bei Suchanfragen besser.
In der Forschung besitzt das Thema Web Accessibility auch im Zusammenhang mit Active und Assisted Living (AAL) aktuell einen hohen Stellenwert. Andreas Sackl, Georg Regal und Christine Wahlmüller-Schiller vom AIT Center for Technology Experience berichteten über Barrierefreiheit im Kontext der angewandten Forschung. Dabei wurde eine große Bandbreite an Themen abgedeckt, etwa Location Based Games, um Orientierung und Mobilität zu trainieren und zu verbessern, die Entwicklung eines Prototyps für barrierefreie Video-Kommunikation oder der neuartige und barrierefreie Zugang zu Kunst und Kultur für beeinträchtigte und ältere Menschen mithilfe innovativer Technologien.